Theologische Inspirationen zum Fastentuch 2025: fried(e)fertig
Dieses Fastentuch besteht aus rund 10000 Federn, die dunklen und die großen hellen in der Mitte sind Straußenfedern, die kleinen Gänsefedern. Die Gestaltungsidee kam von den beiden Schülerinnen Marlen Alberstetter und Sophia Gast. Ihre Assoziation zum Thema war zunächst die Friedenstaube, diese Botin des Friedens, die federleicht daher schwebt und nach der Gewalt der Menschen und der darauffolgenden Sintflut neues Leben verheißt.
Manche der Federn wurden gewaschen, manche tragen noch den Dreck aus dem Leben an sich. Je näher man hinschaut, desto mehr wird deutlich, dass dieses Naturmaterial und seine Verwendung in diesem Fastentuch keine Perfektion anstreben. Das ist ein Spiegel für das Leben: Einen klinisch reinen Frieden kann es auf Erden nicht geben oder es ist kein Frieden, sondern bestenfalls eine durch die Macht des Stärkeren herbeigeführte Befriedung.
Die Schülerinnen erinnern mit der Form an einen Schild. Ein Schild dient der Verteidigung gegen einen Angriff. Und es ist kein Zufall, dass dieses Bild in der Bibel häufig vorkommt, dass Gott den Schwachen und Bedrohten beschützt, ihnen ein Schutzschild ist: „Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht, Schild und Schutz ist seine Treue.“ (Psalm 91 Vers 4) Doch dieser Federschild ist offensichtlich weich. Der Angreifer soll einen weichen, umarmenden Widerstand spüren. Dahinter ist Jesu Traum zu erkennen, dass wir auch unsere Feinde lieben können, was sich da und dort in der großen und kleinen Geschichte auch realisierte.
Von innen her breitet sich das Weiß aus. Der Friede entsteht aus der Mitte heraus und zwar unregelmäßig. Ist das ein Bild dafür, dass nur aus der Mitte der Welt, aus dem göttlichen Herz heraus Frieden kommen kann, von dort auch aus dem Herzen des Menschen und sich wie zufällig verbreitet? Beim genauen Hinsehen erscheinen unter den dunklen Straußenfedern kleine weiße Gänsefedern. Es gibt viele kleine Initiativen des Friedens, oft unscheinbare Momente. Und auch dem Feind mit einem weichen Schutzschild zu begegnen ist wie eine kleine unmerkliche Feder. Es erinnert daran, dass wir mit dem Frieden nie fertig sein werden, denn dieser ist auf Erden flüchtig, wie eine biblische Erkenntnis lautet: „Suche Frieden und jage ihm nach.“ (Psalm 34 Vers 15).
Dieses Fastentuch lädt dazu ein, es länger zu betrachten, innerlich ruhig zu werden und der eigenen Sehnsucht nach Frieden nachzuspüren.
Dr. Michael Schindler