Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

PfarrbĂĽro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
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Ostern: "....aufgefahren in den Himmel...."

Lesung:

Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fĂĽrchtet und tut, was recht ist.
Er hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkĂĽndete durch Jesus Christus; dieser ist der Herr aller.
Ihr wisst, was im ganzen Land der Juden geschehen ist, angefangen in Galiläa, nach der Taufe, die Johannes verkündet hat:
wie Gott Jesus von Nazaret gesalbt hat mit dem Heiligen Geist und mit Kraft, wie dieser umherzog, Gutes tat und alle heilte, die in der Gewalt des Teufels waren; denn Gott war mit ihm.
Und wir sind Zeugen für alles, was er im Land der Juden und in Jerusalem getan hat. Ihn haben sie an den Pfahl gehängt und getötet.
Gott aber hat ihn am dritten Tag auferweckt und hat ihn erscheinen lassen, zwar nicht dem ganzen Volk, wohl aber den von Gott vorherbestimmten Zeugen: uns, die wir mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben. Und er hat uns geboten, dem Volk zu verkĂĽndigen und zu bezeugen: Das ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten.

Apg 10, 34-42

 

Evangelium:

Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frĂĽhmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war. Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem JĂĽnger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.
Da gingen Petrus und der andere JĂĽnger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere JĂĽnger schneller war als Petrus, kam er als erster ans Grab.
Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein.
Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das SchweiĂźtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle.
Da ging auch der andere JĂĽnger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte.
Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste.
Dann kehrten die JĂĽnger wieder nach Hause zurĂĽck.
Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Während sie weinte, beugte sie sich in die Grabkammer hinein.
Da sah sie zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, den einen dort, wo der Kopf, den anderen dort, wo die Füße des Leichnams Jesu gelegen hatten.
Die Engel sagten zu ihr: Frau, warum weinst du? Sie antwortete ihnen: Man hat meinen Herrn weggenommen und ich weiĂź nicht, wohin man ihn gelegt hat.
Als sie das gesagt hatte, wandte sie sich um und sah Jesus dastehen, wusste aber nicht, dass es Jesus war.
Jesus sagte zu ihr: Frau, warum weinst du? Wen suchst du? Sie meinte, es sei der Gärtner, und sagte zu ihm: Herr, wenn du ihn weggebracht hast, sag mir, wohin du ihn gelegt hast. Dann will ich ihn holen.
Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.
Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen BrĂĽdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott.
Maria von Magdala ging zu den JĂĽngern und verkĂĽndete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie richtete aus, was er ihr gesagt hatte.

Joh 20, 1-18

 

Predigt

„CREDO“ – „…er ist aufgefahren in den Himmel und sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“

Liebe in der Freude ĂĽber Ostern versammelte Gemeinde!

Mögen Sie Gedichte?

Ich habe für Sie und für unsere Feier mit Gott heute Morgen eines ausgewählt, weil ich mir sicher bin:

Gedichte sind fĂĽr uns Christinnen und Christen wertvoll, weil Sie unser menschliches Leben deuten.

Und sie tun das eben nicht auf naturwissenschaftliche Weise oder in einer Aneinanderreihung von geschichtlichen oder biologischen Fakten, sondern in der ihnen eigenen dichterischen Sprache.

Und eine solche poetische Sprache begegnet uns auch in den Erzählungen unserer Bibel und in den einzelnen Sätzen unseres Glaubensbekenntnisses.

Die Sprache in Gedichten und in den Schriften der Verfasser des Alten und des Neuen Testamentes ist selten klar und eindeutig. Es braucht unser Einfühlungsvermögen – manchmal sogar wissenschaftliche Studien, wenn wir die Bilder deuten möchten – in den Gedichten, genauso wie im Reden über Gott.

Bilder lassen Raum für unsere eigene Phantasie. Sie eröffnen neue Denkhorizonte und lassen uns ahnen, dass es eine Wirklichkeit jenseits des naturwissenschaftlich Nachprüfbaren gibt – diese Welt, die wir Menschen „Himmel“ nennen oder „liebe-volle Geistkraft“ oder „Gott“.

es lichtet

sich

Von Andrea Schwarz

 

vom licht des lebens

liebkost berĂĽhrt

bewegt beseelt

 

gelebte

erinnerung

 

verheissene

zusage

 

und es öffnen sich türen

mauern fallen zusammen

gitterstäbe zerfließen

steine werden weggewälzt

 

tod wird

zum leben

 

und leben

lebt

 

allen toden

zum trotz

 

(aus: Andrea Schwarz, Eigentlich ist Ostern ganz anders, Herder 2009)

Poesie – dichterische Sprache – in Bilder gefasste Ahnungen!

Gedichtete Verse sind viel mehr als aneinandergereihte, ausgedachte Worte – viel mehr als in der Phantasie gemalte Bilder des Zufalls.

Ge-dichtete Verse – das ist ver-dichtete Wahrheit,

in Bildern verborgene Weisheit: ĂĽber das Leben von uns Menschen –  auch mit Gott.

 

Und diese ver-dichtete Wahrheit gilt es zu entschlüsseln, sonst bleibt sie verborgen. Das kostet manchmal Mühe, aber diese Mühe lohnt sich fast immer – auch, wenn es um biblische Verse und um Glaubenssätze geht.

„vom licht des lebens liebkost“ –

ich kann mir keine schönere Überschrift über unser heutiges Osterevangelium vorstellen als dieser Vers aus dem Gedicht von Andrea Schwarz.

„vom licht des lebens liebkost“ –

das wird Maria Magdalena in der Begegnung mit Jesus am Ostermorgen – und das, obwohl die Sonne noch gar nicht richtig aufgegangen ist.

„vom licht des lebens berührt und beseelt“ wird die Frau aus Magdala –

und das, nachdem das Räderwerk aus politischem Kalkül und rechthaberischem religiösen Macht-Denken den Mann zum Schweigen gebracht hat, der ihr Leben gewesen ist: Jesus!

Aber sie hat diese Erfahrung schon einmal in ihrem Leben gemacht:

„vom licht des lebens berührt“ zu werden: damals, als sie dem Mann aus Nazareth zum ersten Mal begegnet ist.

Am Ende ihrer Kräfte ist sie damals gewesen: von „Dämonen“ geplagt – so erzählt es uns Lukas in seinem Evangelium.

Psychologen heute wĂĽrden wohl  eine Depression diagnostizieren – oder eine andere psychische Erkrankung.

Maria Magdalena – eine Frau voller Ängste, die sich wohl ein Leben lang bedroht gefühlt hat: von Situationen, von den Anforderungen des täglichen Lebens und von Menschen – eine Frau ohne Selbstbewusstsein und nie frei! Ein erbärmliches Ich!

Und dann begegnet sie Jesus – und mit ihm bekommt ihr Leben Festigkeit und Sicherheit. Die Frau aus Magdala findet zu sich selber. Ganz offensichtlich wird sie „berührt und beseelt“, gestärkt von einer Kraft, die uns Menschen die Angst nimmt: „lieb-kost“ von Jesus.

Maria Magdalena erlebt, was die Liebe vermag:

Wer wirklich geliebt wird, spürt: „Ich bin einmalig!“

Und dann zersplittert die Angst vor dem Leben – die Angst, nicht gut genug zu sein, nicht stark genug, nicht klug genug, nicht schön genug,

„berührt, bewegt, beseelt“ –

und so wird Maria Magdalena zur JĂĽngerin. Sie ist eine der wenigen Frauen, die in der Bibel mit ihrem Namen als Nachfolgerin Jesu genannt wird.

Aber dann – mit dem Tod des Geliebten – werden sie wieder mächtig, die alten dämonischen Kräfte, wieder die Angst…

 

Aber die Frau aus Magdala geht – sie geht zum Grab, weil sie liebt -  auch ĂĽber den Tod hinaus!

In ihrer Verzweiflung geht sie einen Schritt nach dem anderen.

Die von so Vielen für Verrückt-Erklärte, die Wahn-Sinnige geht los.

Die JĂĽngerin bricht auf, während die Männer an der Seite Jesu längst geflohen sind -  in ihre alte Heimat Galiläa.

Und dann die Begegnung am Grab!

Maria Magdalena hat uns Christinnen und Christen bis heute das Entscheidende zu sagen, wenn es um unser Leben jenseits des Todes geht:

„Der Tod kann nicht zerstören, was die Liebe vermag!“ –

weder zwischen 2 Menschen, noch zwischen uns Menschen und Gott! Das ist ihre Botschaft an uns!

Psychologisch betrachtet ist das die Sicherheit, die Maria Magdalena am Ende ihres bitteren Trauerweges in ihrem Herzen trägt.

Theologisch aber wird die Liebe zwischen Maria Magdalena und Jesus zum Bild für das Gehaltensein von uns Menschen im Tod von der letzt-mächtigen Liebe, die wir „Gott“ nennen.

„RĂĽhr mich nicht an!“ -  so lässt Johannes in unserem Evangelium heute Jesus  sagen. Johannes verwendet diese Bildersprache nicht, um damit auszudrĂĽcken, dass Jesus Maria als Liebende zurĂĽckstößt.  

Johannes öffnet mit diesem Satz aus dem Munde Jesu die Liebe zwischen Maria und Jesus ins Unendliche hinein. Es ist ein Bild für die Begegnung von uns Menschen mit Gott. Und diese unendliche, letzt-mächtige Liebe lässt sich nicht fassen mit menschlichen Kategorien.

Deshalb wählen alle Evangelienschreiber ihre Bilder, wenn sie das Ostergeschehen erzählen.

Auch die beiden Engel am Grab erzählen uns Christinnen und Christen heute in ihrer ausdrucksstarken Bildersprache: Hier ist der Ort, an dem sich Himmel und Erde berühren.

Und sie erinnern an eine Darstellung aus dem Alten Ägypten, die den toten Gott Osiris im Grab zeigt, und links und rechts daneben sitzen seine beiden göttlichen Schwestern.

Uns Menschen in allen Religionen und zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte verbindet diese tiefe Sehnsucht, dass eine liebende Gottheit uns nicht im Tod lässt.

Maria Magdalena hat ganz offensichtlich diese Erfahrung mit Jesus gemacht.

Die Schreiber unserer Evangelien machen sie – ausgerechnet eine Frau und damit untauglich für ein Zeugnis in der damaligen Zeit – zur Künderin dieses unfassbaren Geschehens zwischen Himmel und Erde.

Und sie tun das vermutlich deshalb, weil wohl kein anderer Mensch damals diese Auferstehungserfahrung so ĂĽberzeugend unter die Leute gebracht hat wie sie.

Und ohne sie gäbe es wohl den Glaubenssatz:

„aufgefahren in den Himmel“

gar nicht.

Sie, die liebende Ver-rĂĽckte, hat vermutlich immer und immer wieder verkĂĽndet, wie sie diese Begegnung mit Jesus nach seinem Tod erlebt hat:

Er ist hinaufgestiegen in den Himmel und bleibt aber wirk-mächtig wie zu seinen Lebzeiten.

Seine göttliche Liebes-Kraft, mit der er Frauen und Männer seiner Zeit zum Leben gebracht hat, strömt weiterhin hinein in unsere Welt.

„Himmelfahrt“ – das lernen wir von Maria Magdalena, ist kein zusätzliches Ereignis – neben dem Ostergeschehen – auch wenn die Kirche im Laufe ihrer Geschichte daraus 2 Feste gemacht hat.

„aufgefahren in den Himmel“

bedeutet fĂĽr uns Glaubende:

Jesus ist nach seinem Tod in Gott ge-borgen und wie Gott ver-borgen. Und er berührt mit seiner göttlichen Geist-Kraft auch weiterhin unsere Menschenherzen.

Liebe Gemeinde,

vielleicht ist die Bilder-Sprache die einzige Sprache, die uns irdische Menschen ahnen lässt, was Liebe ist – auch die ewige letzt-mächtige Liebe, die uns Menschen jenseits des Todes umgibt.

„vom licht des lebens liebkost“ –

Ich wünsche Ihnen, dass Sie eine solche Erfahrung machen, wenn Sie selber einmal – wie Maria Magdalena – todtraurig sind oder wenn Sie dem Tod begegnen.

„vom licht des lebens liebkost“ –

Diese Erfahrung wĂĽnsche ich Ihnen aber auch heute, wenn Sie mit den Menschen Ostern feiern, die Ihnen viel bedeuten.

Mögen Sie „ berührt, bewegt, beseelt“ sein von dieser Liebes-Kraft, die wir meinen, wenn wir sagen:

„Credo – ich glaube!“

Amen.

 

© A. Böhm, 2012

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.