Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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Karfreitag: ".... gekreuzigt, gestorben und begraben...."

Schriftlesung:

Nach diesen Worten ging Jesus mit seinen Jüngern hinaus, auf die andere Seite des Baches Kidron. Dort war ein Garten; in den ging er mit seinen Jüngern hinein. Auch Judas, der Verräter, der ihn auslieferte, kannte den Ort, weil Jesus dort oft mit seinen Jüngern zusammengekommen war.
Judas holte die Soldaten und die Gerichtsdiener der Hohenpriester und der Pharisäer und sie kamen dorthin mit Fackeln, Laternen und Waffen.
Jesus, der alles wusste, was mit ihm geschehen sollte, ging hinaus und fragte sie: Wen sucht ihr?
Sie antworteten ihm: Jesus von Nazaret. Er sagte zu ihnen: Ich bin es. Auch Judas, der Verräter, stand bei ihnen.
Als er zu ihnen sagte: Ich bin es!, wichen sie zurück und stürzten zu Boden.
Er fragte sie noch einmal: Wen sucht ihr? Sie sagten: Jesus von Nazaret.
Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt, dass ich es bin. Wenn ihr mich sucht, dann lasst diese gehen!
So sollte sich das Wort erfüllen, das er gesagt hatte: Ich habe keinen von denen verloren, die du mir gegeben hast.
Simon Petrus aber, der ein Schwert bei sich hatte, zog es, schlug nach dem Diener des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab; der Diener hieß Malchus.
Da sagte Jesus zu Petrus: Steck das Schwert in die Scheide! Der Kelch, den mir der Vater gegeben hat - soll ich ihn nicht trinken?
Die Soldaten, ihre Befehlshaber und die Gerichtsdiener der Juden nahmen Jesus fest, fesselten ihn und führten ihn zuerst zu Hannas; er war nämlich der Schwiegervater des Kajaphas, der in jenem Jahr Hoherpriester war.
Kajaphas aber war es, der den Juden den Rat gegeben hatte: Es ist besser, dass ein einziger Mensch für das Volk stirbt.
Simon Petrus und ein anderer Jünger folgten Jesus. Dieser Jünger war mit dem Hohenpriester bekannt und ging mit Jesus in den Hof des hohepriesterlichen Palastes. Petrus aber blieb draußen am Tor stehen. Da kam der andere Jünger, der Bekannte des Hohenpriesters, heraus; er sprach mit der Pförtnerin und führte Petrus hinein.
Da sagte die Pförtnerin zu Petrus: Bist du nicht auch einer von den Jüngern dieses Menschen? Er antwortete: Nein.
Die Diener und die Knechte hatten sich ein Kohlenfeuer angezündet und standen dabei, um sich zu wärmen; denn es war kalt. Auch Petrus stand bei ihnen und wärmte sich.
Der Hohepriester befragte Jesus über seine Jünger und über seine Lehre.
Jesus sagten zu ihm: Bist nicht auch du einer von seinen Jüngern? Er leugnete und sagte: Nein.
Einer von den Dienern des Hohenpriesters, ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte, sagte: Habe ich dich nicht im Garten bei ihm gesehen?
Wieder leugnete Petrus und gleich darauf krähte ein Hahn.
Von Kajaphas brachten sie Jesus zum Prätorium; es war früh am Morgen. Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können.
Deshalb kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte: Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Menschen?
Sie antworteten ihm: Wenn er kein Übeltäter wäre, hätten wir ihn dir nicht ausgeliefert.
Pilatus sagte zu ihnen: Nehmt ihr ihn doch und richtet ihn nach eurem Gesetz! Die Juden antworteten ihm: Uns ist es nicht gestattet, jemand hinzurichten.
So sollte sich das Wort Jesu erfüllen, mit dem er angedeutet hatte, auf welche Weise er sterben werde.
Pilatus ging wieder in das Prätorium hinein, ließ Jesus rufen und fragte ihn: Bist du der König der Juden?
Jesus antwortete: Sagst du das von dir aus, oder haben es dir andere über mich gesagt?
Pilatus entgegnete: Bin ich denn ein Jude? Dein eigenes Volk und die Hohenpriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?
Jesus antwortete: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Aber mein Königtum ist nicht von hier.
Pilatus sagte zu ihm: Also bist du doch ein König? Jesus antwortete: Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.
Pilatus sagte zu ihm: Was ist Wahrheit? Nachdem er das gesagt hatte, ging er wieder zu den Juden hinaus und sagte zu ihnen: Ich finde keinen Grund, ihn zu verurteilen.
Ihr seid gewohnt, dass ich euch am Paschafest einen Gefangenen freilasse. Wollt ihr also, dass ich euch den König der Juden freilasse?
Da schrien sie wieder: Nicht diesen, sondern Barabbas! Barabbas aber war ein Straßenräuber.
Darauf ließ Pilatus Jesus geißeln.
Die Soldaten flochten einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf und legten ihm einen purpurroten Mantel um.
Sie stellten sich vor ihn hin und sagten: Heil dir, König der Juden! Und sie schlugen ihm ins Gesicht.
Pilatus ging wieder hinaus und sagte zu ihnen: Seht, ich bringe ihn zu euch heraus; ihr sollt wissen, dass ich keinen Grund finde, ihn zu verurteilen.
Jesus kam heraus; er trug die Dornenkrone und den purpurroten Mantel. Pilatus sagte zu ihnen: Seht, da ist der Mensch!
Als die Hohenpriester und ihre Diener ihn sahen, schrien sie: Ans Kreuz mit ihm, ans Kreuz mit ihm! Pilatus sagte zu ihnen: Nehmt ihr ihn und kreuzigt ihn! Denn ich finde keinen Grund, ihn zu verurteilen.
Die Juden entgegneten ihm: Wir haben ein Gesetz, und nach diesem Gesetz muss er sterben, weil er sich als Sohn Gottes ausgegeben hat
Als Pilatus das hörte, wurde er noch ängstlicher.
Er ging wieder in das Prätorium hinein und fragte Jesus: Woher stammst du? Jesus aber gab ihm keine Antwort.
Da sagte Pilatus zu ihm: Du sprichst nicht mit mir? Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich freizulassen, und Macht, dich zu kreuzigen?
Jesus antwortete: Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre; darum liegt größere Schuld bei dem, der mich dir ausgeliefert hat.
Daraufhin wollte Pilatus ihn freilassen, aber die Juden schrien: Wenn du ihn freilässt, bist du kein Freund des Kaisers; jeder, der sich als König ausgibt, lehnt sich gegen den Kaiser auf.
Auf diese Worte hin ließ Pilatus Jesus herausführen und er setzte sich auf den Richterstuhl an dem Platz, der Lithostrotos, auf Hebräisch Gabbata, heißt.
Es war am Rüsttag des Paschafestes, ungefähr um die sechste Stunde. Pilatus sagte zu den Juden: Da ist euer König!
Sie aber schrien: Weg mit ihm, kreuzige ihn! Pilatus aber sagte zu ihnen: Euren König soll ich kreuzigen? Die Hohenpriester antworteten: Wir haben keinen König außer dem Kaiser.
Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde. Sie übernahmen Jesus.
Er trug sein Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelhöhe, die auf Hebräisch Golgota heißt.
Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte Jesus.
Pilatus ließ auch ein Schild anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden.
Dieses Schild lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst.
Die Hohenpriester der Juden sagten zu Pilatus: Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden.
Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.
Nachdem die Soldaten Jesus ans Kreuz geschlagen hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen. Sie nahmen auch sein Untergewand, das von oben her ganz durchgewebt und ohne Naht war.
Sie sagten zueinander: Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll. So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies führten die Soldaten aus.
Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Magdala.
Als Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zu seiner Mutter: Frau, siehe, dein Sohn!
Dann sagte er zu dem Jünger: Siehe, deine Mutter! Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.
Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte: Mich dürstet.
Ein Gefäß mit Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund.
Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht! Und er neigte das Haupt und gab seinen Geist auf.
Weil Rüsttag war und die Körper während des Sabbats nicht am Kreuz bleiben sollten, baten die Juden Pilatus, man möge den Gekreuzigten die Beine zerschlagen und ihre Leichen dann abnehmen; denn dieser Sabbat war ein großer Feiertag.
Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war.
Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floß Blut und Wasser heraus.
Und der, der es gesehen hat, hat es bezeugt, und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres berichtet, damit auch ihr glaubt.
Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen.
Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben.
Josef aus Arimathäa war ein Jünger Jesu, aber aus Furcht vor den Juden nur heimlich. Er bat Pilatus, den Leichnam Jesu abnehmen zu dürfen, und Pilatus erlaubte es. Also kam er und nahm den Leichnam ab.
Es kam auch Nikodemus, der früher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloe, etwa hundert Pfund.
Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist.
An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten, und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war.
Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei.

Joh 18,1-19,42

 

IMPULSE

Impuls 1: Verraten und verleugnet (Symbol: Hahn)

Was ist nur los mit Petrus? Sonst einer, der für Jesus Feuer und Flamme ist. Sonst einer, der keine Scheu hat, groß und mutig daher zu reden. Sonst einer, der aus dem Kreis der Jünger herausragt. Und jetzt? Plötzlich will er seinen Herrn nicht mehr kennen.

Der Hahn kräht. Und drei Mal hat Petrus Jesus verleugnet. Drei Mal belügt er sich und die anderen. Drei Mal lässt er den im Stich, der für ihn bisher so viel gegeben hat. Jetzt, wo Jesus Nähe und Beistand so dringend bräuchte, ist Petrus nicht zur Stelle.

Die Angst um sich selbst lässt Petrus zu einem anderen Menschen werden. Er ist sich selbst fremd geworden. Er ist seiner bisherigen Überzeugung fremd geworden. Er ist Jesus fremd geworden.

Doch Petrus ist nicht der einzige Vertraute Jesu, der sich entfremdet. Judas, auch einer aus dem Zwölferkreis, lässt sich gegen Geld bestechen, liefert Jesus seinen Feinden aus. Aus einem Freund wird so ein Feind, aus einem Vertrauten ein Verräter.

Und Jesus? Er muss sich nicht nur fesseln, abführen, peinlich befragen, ohrfeigen und in alledem beschämen lassen. Er spürt auch am eigenen Leib, was es heißt, verraten und verleugnet zu werden. Zur körperlichen Tortur kommt der vielleicht noch viel größere Schmerz der zwischenmenschlichen Enttäuschung.

Im Gegensatz zu Judas und Petrus, bleibt Jesus sich treu. Trotz allem. Trotz der Gehässigkeit und Feindschaft, die sich um ihn herum aufbaut. Trotz der Freunde, die ihm im entscheidenden Moment verraten und verleugnen. 

 

Impuls 2: Gelitten unter Pontius Pilatus (Symbol: Dornenkrone)

Schläge und Sprüche, Folter und Spott – das muss Jesus jetzt aushalten. Für uns heute kaum noch vorstellbar. Unmenschlichkeit in perfider Perfektion: eine Dornenkrone, die die Kopfhaut verletzt. Ledergeißeln mit Metallaufsätzen, die die Haut aufreißen. Soldaten, die aufgehört haben, Menschen zu sein, sich berauschen am Quälen anderer. Ein Volk, dass Barrabas den Straßenräuber Jesus für eine mögliche Freilassung vorzieht. Und ein Statthalter, der alle Verantwortung von sich weist, seine Hände in Unschuld waschen will.

Wie kommt es, dass gerade dieser Pontius Pilatus Sonntag für Sonntag im Credo erwähnt wird? Ein römischer Präfekt, der in den vorhandenen historischen Quellen ganz unterschiedlich beschrieben wird. In den Passionsgeschichten der Evangelien als einer, der keine Schuld an Jesus findet und im Gespräch mit ihm sogar wissen will: „Was ist Wahrheit?“ Bei den römischen Geschichtsschreibern wie Philo von Alexandrien, Josephus Flavius oder Tacitus dagegen als einer, der bestechlich, willkürlich, maßlos, grausam und bösartig ist. Und auch im Lukasevangelium wird davon berichtet, wie Pilatus galiläische Pilger umbringen lässt.

Ein möglicher Tyrann als Teil unseres Glaubensbekenntnisses?

Dass es so gekommen ist, liegt nicht nur daran, weil er in der Bibel erwähnt wird. Vielmehr soll wohl zum Ausdruck kommen: Was da mit Jesus passiert, geschieht nicht einfach irgendwo und irgendwann durch irgendwen. Sondern Jesu Geschichte spielt sich ab in unserer Geschichte; Gottes Wirklichkeit tritt ein in unsere Wirklichkeit; ganz konkret in Jerusalem, ganz konkret zur Zeit des Pilatus, der von 26-36 nC. Statthalter von Judäa unter Kaiser Tiberius war; den nicht nur die Geschichtsschreiber, sondern auch Münzen und beschriftete Steinplatten bezeugen.

„Gelitten unter Pontius Pilatus“ im Credo möchte sagen: was wir da beten und bekennen, ist wirklich Teil unserer Geschichte und unserer Welt.

 

Impuls 3: Gekreuzigt (Symbol: Hammer, Holzblock, Riesennägel)

Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Pilatus hat sein Urteil gefällt. Jesus erwartet das Kreuz. Wie kann das sein, dass einer wie Jesus am Kreuz landet?

Er, der Kranke geheilt hat. Er, der das Reich Gottes verkündete und verkörperte. Er, der Ausgegrenzte wieder zurückholte. Er, der Sündern die Vergebung und den Frieden Gottes zusprach. Er, der Freund der Kinder. Er, der Meister der Barmherzigkeit.

Sicher – Jesus hat immer wieder die Gesetzesausübung der Pharisäer kritisiert und kam wegen seines Anspruchs mit ihnen in Konflikt. Sicher - auch mit den Sadduzäern ist er aneinander geraten, als es um die Frage nach der Auferstehung oder um die Ordnung im Tempel ging. Sicher - auch die Römer wussten nicht, was sie davon halten sollen, wenn Jesus ein wie auch immer gearteter König ist, der womöglich politisch rebellieren könnte.

Aber woher kommt  dieser Hass der Menschen auf Jesus? Woher ihre Herzenshärte? Woher ihre Bereitschaft zu dieser Brutalität?

Das Credo fasst die wohl schmerzhaftesten Stunden Jesu in seinem Leben in einem Wort zusammen: „gekreuzigt“. Später wird das Kreuz zu dem Symbol unseres Glaubens.

Ein Symbol, das mahnend vor Augen hält, zu was der sündige Mensch in der Lage ist. Ein Symbol aber auch, das auf den Punkt bringt, wie weit Gottes Liebe zu gehen bereit ist. Ein Symbol, durch das ein neues Kapitel aufgeschlagen wird im Glauben: Alte Ideal-Bilder von Gott, z.B. dass er unveränderlich sei, dass er leidlos sei oder dass der am Pfahl Aufgehängte ein Verfluchter sei, müssen korrigiert werden. Durch einen Glauben, der demütig anerkennt, dass Gottes Weisheit und Wege manchmal anders sind als Menschen es sich denken. Durch eine Überzeugung, dass Gott auch dort ist, wo ihn sonst keiner vermutet. Durch ein Vertrauen, dass Gott mit Jesus ein für allemal zeigen möchte, dass er der „Ich-bin-da“ für die Menschen sein will.

So gesehen

Der Regenbogen hier vorne, der sich im Laufe der Fastenzeit aufbaut, steht für diesen Bund Gottes mit uns Menschen. Das Kreuz nun verbindet auf seine Weise Himmel und Erde und wird zum Leucht-turm für alle, in deren Alltag es dunkel ist. Dunkel durch das Kreuz der Einsamkeit oder Lieblosigkeit. Durch das Kreuz der Krankheit oder Traurigkeit. Durch das Kreuz der Armut oder Arbeitslosigkeit. Durch das Kreuz der Versagens oder des Unfriedens.

 

Impuls 4: Gestorben (Symbol: Stehkreuz in schwarzem Tuch)

Den Kopf geneigt, den Geist ausgehaucht – Jesus ist gestorben. Alle Angst, alle Anfeindungen, alle Schmerzen, alle Verzweiflung – sie liegen jetzt hinter ihm. Jesus stirbt wie alle Menschen einmal sterben müssen – die einen früher, die anderen später, die einen aufgrund ihres hohen Alters, die anderen durch Krankheit, Unglück oder Gewalt. Jesus erlebt am eigenen Leib, was es heißt zu sterben. Er wählt hier keinen göttlichen Sonderweg. Auch im Sterben ist und bleibt Jesus ganz Mensch:

Wie viele, ist Jesus vor dem eigenen Tod besorgt um seine Angehörigen und vertraut seine Mutter dem Lieblingsjünger an. Er ist ganz auf andere angewiesen; und so müssen sie ihm einen Schwamm mit Essig auf einem Ysopzweig reichen, damit er etwas trinken kann. Er muss wie jeder Sterbende alles zurücklassen: Selbst die Kleider und den Leibrock nehmen sie ihm am Kreuz.

Sterben – das ist ein Teil unseres Lebens. Am Sterben kommt keiner vorbei. Sterben – das ist von dieser Welt gehen und Abschied nehmen. Das ist Los- und Zurücklassen des Bisherigen. Das kann Befreiung und Erlösung von Krankheit und Schmerz, von Kummer und Sorge sein. Im Sterben wird offensichtlich, wie bedürftig und aufeinander angewiesen, wie verletzlich und hilflos wir Menschen sind. Durch das Sterben wird vieles anders im Leben, ordnen sich die Verhältnisse neu, beginnt eine andere Zeit.

Im Credo heißt es von Jesus schlicht: „gestorben“. Er, der König der Juden, der große Heiland der Menschen  - „gestorben“. Selbst in der Dunkelheit von Sterben und Tod lässt Gott uns nicht allein und taucht ein in unser Leben.

 

Impuls 5: Begraben (Symbol: großer Stein)

Noch ein letzter menschenverachtender Lanzenstich, durch den Wasser und Blut aus der Seite Jesu fließen. Dann endlich wird sein Leichnam vom Kreuz abgenommen und seinen Peinigern entrissen. Endlich kommt Jesus zurück in die Hände seiner Lieben. Endlich erfährt der Verstorbene wieder Würde und Menschlichkeit. In Leinenbinden eingewickelt und mit wohlriechenden Salben verschwenderisch-ehrenvoll einbalsamiert, findet Jesus seine Ruhestätte in einem Felsengrab. Dort darf er liegen. Dort werden seine Angehörigen und Freunde immer wieder hingehen wollen, auch wenn sich die Lage in 3 Tagen entscheidend verändern wird.

Für ganz viele Menschen ist es wichtig, einen Ort zu haben, wo sie ihre Verstorbenen besuchen können. Neben den Erinnerungen, die man im Geist und Herzen trägt, ist ein Grab eine wertvolle Hilfe, mit dem Toten verbunden zu bleiben. Nicht wenige reden am Grab sogar innerlich mit ihren Verstorbenen und beten.

Da zeigt sich ein Band, das stärker ist als der Tod. Da wird eine Hoffnung und Realität sichtbar, die über diese Welt hinausgeht.

So bitter der Tod eines Menschen ist, so wichtig ist es für die Hinterbliebenen und Angehörigen, trauern und Abschied nehmen zu dürfen. Nur so können sie den eigenen Schmerz zulassen. Nur so die Realität anerkennen und zu einer neuen Orientierung in ihrem Leben finden.

Wenn wir heute Karfreitag feiern, dann setzen wir uns der Geschichte Jesu aus, dann lassen wir uns berühren von seinem Leidensweg. Wir übergehen nicht einfach dieses Lebenskapitel Jesu. Wir übertünchen es nicht voreilig mit der Osterfreude. Der Weg nach Ostern, zum befreiten und erlösten Leben kommt am Karfreitag, am Klage-, Kummer- und Trauerfreitag nicht vorbei. Das Credo bringt diesen wichtigen Teil unseres Glaubens auf den Punkt: „Gekreuzigt, gestorben, begraben“.

 

© B. Held, 2012

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.