Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
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1. Fastensonntag: "Ich glaube..."

Lesung:

Gott sprach zu Noach und seinen Söhnen, die bei ihm waren:
Hiermit schließe ich meinen Bund mit euch und mit euren Nachkommen und mit allen Lebewesen bei euch, mit den Vögeln, dem Vieh und allen Tieren des Feldes, mit allen Tieren der Erde, die mit euch aus der Arche gekommen sind.
Ich habe meinen Bund mit euch geschlossen: Nie wieder sollen alle Wesen aus Fleisch vom Wasser der Flut ausgerottet werden; nie wieder soll eine Flut kommen und die Erde verderben.
Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den ich stifte zwischen mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen:
Meinen Bogen setze ich in die Wolken; er soll das Bundeszeichen sein zwischen mir und der Erde.
Balle ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke ich des Bundes, der besteht zwischen mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch vernichtet.

Gen 9,8-15

 

Evangelium:

Nachdem man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!

Mk 1, 14-15

 

Predigt:

Eine wunderschöne Geschichte – diese Erzählung aus der Genesis von Noah und seinen Söhnen. Und wie die noch einen direkten Draht zu Gott gehabt haben!! Da spricht Gott direkt mit den übrig gebliebenen Menschlein und er setzt dieses Bundeszeichen ein: der Regenbogen, der ihn an seinen Bund mit den Menschen erinnern soll und der die Menschen ebenso erinnern soll, dass dahinter die Zusage Gottes steht: nie wieder soll das Wasser zur Flut werden, die dann alle Wesen aus Fleisch vernichtet. – Eine schöne Geschichte!! –

Wort des lebendigen Gottes - glauben Sie das?

Inzwischen wissen wir alle, dass diese alttestamentlichen Urgeschichten in ihrer Zeit verstanden werden müssen. Wann sind sie entstanden? Wer hat sie geschrieben und für wen? Was ist die Botschaft, die da ausgerichtet werden soll? Welche literarische Gattung wird dafür verwendet, dass die Botschaft auch ankommt usw.

Wir modernen Menschen glauben nicht mehr einfach alles, was da in der Bibel steht, bloß weil es in der Bibel steht.

Im Markusevangelium haben wir eben gehört, dass Jesus den Menschen sagt:

„Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“

Tun Sie das? – Tun wir das?

In diesem einen Satz, so sagen die Theologen, ist die ganze Botschaft Jesu enthalten: Das Reich Gottes ist angebrochen – also los geht’s: glaubt (endlich) daran!!

Glauben Sie das, wenn Sie in unsere Welt hinein schauen und dieses millionenfache Leid und Elend sehen? – Wo ist für diese Menschen das Reich Gottes angebrochen? – Oder sind eher wir, die reichen Nationen, bedürftig und brauchen diese Botschaft, weil bei uns dieses Elend der Vereinsamung und der Orientierungslosigkeit so groß ist?

„Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“

Also gut. -

Sie alle wissen bereits, dass wir diese kommenden Fastensonntage dafür nutzen werden, einmal unseren „Glauben“, also das Glaubensbekenntnis miteinander anzuschauen und zu durchdenken. Vielleicht bekommen Sie so einen frischen Zugang zum Geheimnis des Glaubens insgesamt.

Beim Glaubensbekenntnis, das hier in dieser Predigtreihe angeschaut werden soll, handelt es sich um das sogenannte „apostolische Glaubensbekenntnis“. Daneben gibt es noch das „große Glaubensbekenntnis“, das immer wieder bei besonders feierlichen Gelegenheiten gesprochen wird.

Also hier in unserer Predigtreihe geht es um das „Apostolische Glaubensbekenntnis“. Apostolisch heißt es deswegen, weil im 4. Jahrhundert eine Legende entsteht, nach der jeder der 12 Apostel einen Teil des Bekenntnisses gesagt haben soll, das dann zum jetzigen Glaubensbekenntnis zusammengesetzt worden sei. Der Vorteil dieser Legende ist, dass damit dieses Glaubensbekenntnis eine höchste Autorität bekommen hat. Es stammt nämlich direkt von den Aposteln, den Freunden und Weggefährten Jesu. Damit ist das alles authentisch, weil die es ja wissen müssen.

Das war aber sicher nicht so. Die Apostel haben nichts von einem Glaubensbekenntnis gewusst. Die Apostel waren nämlich überzeugt, dass Jesus noch zu ihren Lebzeiten wiederkommen wird. Dann ist das Reich Gottes da und es braucht keine weiteren Maßnahmen mehr.

Gegen Ende des 1. Jahrhunderts wird den Christen aber immer mehr klar, dass diese Wiederkunft Christi vielleicht noch länger auf sich warten lässt. Damit da aber von der Lehre Jesu nichts Wichtiges verloren geht, schreiben einige Männer die Lehre Jesu und ihre Erfahrungen mit dieser Lehre auf. Das ist uns erhalten in den vier Evangelien.

Paulus schreibt seinerseits in Briefen an die neuen Gemeinden seine Sicht der Dinge und das was er von der neuen Lehre verstanden und erfahren hat. Die Briefe des Paulus sind unsere ältesten Dokumente über die Lehre Jesu.

Erst in den folgenden 3 Jahrhunderten entwickeln Frauen und Männer diese Zusammenstellung von Glaubenssätzen, die wir heute als das „Apostolische Glaubensbekenntnis“ kennen. Sie können sich sicher vorstellen, dass das nicht ohne Streitereien und harte Auseinandersetzungen passiert ist.

Die ersten vier Konzilien der entstehenden christlichen Kirchen sind von den römischen Kaisern einberufen worden. Das erste große Konzil nach der Konstantinischen Wende im Jahr 313 war das Konzil von Nicäa im Jahr 325. Es ist von Kaiser Konstantin einberufen worden und hat definiert, dass Jesus Christus wahrer Gott und wahrer Mensch ist.

 â€žJesus Christus ist Gottes eingeborener Sohn, Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen“.

Kaiser Theodosius hat dann im Jahr 380 das Christentum  zur Staatsreligion erhoben. 381 beruft dieser Kaiser dann ein Konzil nach Konstantinopel ein, bei dem das dreifaltige Gottesbild geklärt worden ist: Vater – Sohn – Geist. Wobei die Funktion des Geistes ein gewaltiger Streitpunkt war. Einige Jahrhunderte später wird sich die orthodoxe Kirche wegen dieser Frage von der Westkirche abspalten.

431 wird beim Konzil von Ephesus die Rolle Mariens geklärt. Da geht es um den Begriff der „Gottesgebärerin“.

Und schließlich zwanzig Jahre später, im Jahr 451, wird von der Kaiserin Pulcheria und ihrem Mann Markian das vierte ökumenische Konzil nach Chalzedon einberufen. Dort wird entschieden, dass die göttliche und menschliche Natur in Christus eins sind.

Die theologischen Grundlagen sind damit weitgehend geklärt für unser Apostolisches Glaubensbekenntnis.

Jetzt werden Sie denken: und was weiß ich, wenn ich das alles weiß? – Nun, Sie wissen, dass dieses Glaubensbekenntnis nicht vom Himmel gefallen ist und dass es mehrere Jahrhunderte gebraucht hat, bis sich die damaligen Patriarchen und Bischöfe auf diese Formulierungen geeinigt haben. Es war damals nicht einfach – und es ist für heutige Menschen oft noch viel schwieriger zu verstehen.

Deswegen versuchen wir in dieser Predigtreihe ein bisschen Licht in diese Dunkelheit zu bringen.

Heute geht es zunächst nur um die ersten beiden Worte des Glaubensbekenntnisses: Ich glaube

Wie oft haben Sie alle wahrscheinlich schon dieses Glaubensbekenntnis gesprochen. Haben Sie dabei auch schon einmal darüber nachgedacht, wer das ist, der/die da „ich“ sagt?

Ja, das sind Sie – mit allen Ihren je eigenen Erfahrungen, Ideen, Einstellungen, Ansichten und Ursprungsorten. Mit Ihrem Lebenshintergrund sprechen Sie dieses „ich“.

Aber auch dieses „ich“ ist nicht vom Himmel gefallen. Sie leben in Beziehungen und in unserer modernen Welt, die davon geprägt ist, dass sie dieses ganze Universum erforschen und verstehen will. Damit ist ein völlig anderes Weltbild entstanden.

Die Konzilien im 4. und 5. Jahrhundert sind ganz selbstverständlich von einem Weltbild ausgegangen, das geprägt ist von den Vorstellungen der Antike. Da gibt es einen Ort für Götter bzw. für Gott. Die Kommunikation funktioniert auch ziemlich direkt – denken Sie an die Sintflutgeschichte aus der Lesung.

Heute ist es immer schwieriger Gott im modernen Weltbild zu verorten. Wir haben also als moderne Menschen in dieser Gesellschaft ein Problem damit, für Gott noch irgendwo einen Platz zu finden.

Wenn Sie also „ich glaube“ sagen, dann überschreiten Sie damit eine Grenze, die ganz viele Menschen heute nicht mehr bereit sind zu überschreiten.

Denn:  glauben heißt:  nicht wissen – so sagen das ganz viele Zeitgenossen.

In unserem Sinn allerdings heißt dieses Wort „glauben“ nicht: nicht wissen, sondern vertrauen!

„Ich glaube“ heißt also bei uns: „ich vertraue …“

Ich vertraue darauf, dass diese ganze Welt gehalten ist vom Urgrund des Seins, den wir mit dem Wort „Gott“ zu fassen versuchen.

Mit unserem heutigen Verständnis unserer Welt merken wir, dass fast nichts mehr sicher ist, was früher die Menschen selbstverständlich getragen hat. Die Wahrheit unserer Welt muss immer wieder neu gefunden und definiert werden. Das ist eine völlig andere Ausgangsposition für uns alle.

Deswegen ist es eine hilfreiche Erfahrung für moderne Menschen, sagen zu können, ich vertraue darauf, dass die Menschen, die vor uns gelebt, geglaubt und vertraut haben, dass sie diese Ahnung gespürt haben, dass dieser Urgrund des Seins für alle Halt gibt.

Heute, in dieser oft haltlosen Welt, ist das ein wichtiger Schatz, den wir für unsere Zeitgenossen bereit stellen können.

Allerdings bleibt für viele der Zugang zum Glauben trotzdem verschlossen, weil sie keine Antwort bekommen auf ihre Frage: wie geht das: glauben.

Eine mögliche Antwort auf diese Frage gibt es für Menschen, die in ihrem Leben schon einmal Vertrauen erfahren haben. Mit diesem Urvertrauen ist auch der Sprung in den Glauben möglich. So gibt Glaube auch Sinn für das ganze Leben und ist nicht nur beschränkt auf eine fromme Feier am Sonntag.

Wer also sagt: Ich glaube (an Gott) … überschreitet die Grenze des Verfügbaren und rechnet mit dieser anderen Dimension, die wir „Gott“ nennen.  Damit bricht die Ahnung ins Leben ein, dass es jenseits unseres begrenzten Horizontes eine Wirklichkeit und eine Wahrheit gibt, die Halt und Sinn gibt.

So hat diese weite und unfassbare Dimension „Gott“ eine Verankerung im Leben jedes einzelnen Menschen, der/die dieses „credo – ich glaube“ spricht.

Gleichzeitig werden damit aber auch alle Grenzen gesprengt, die diese Dimension eingrenzen wollen auf eine Konfession oder eine Religion.

Diese beiden Worte – „ich glaube“ – verankern ihren Sprecher /ihre Sprecherin in einer Wirklichkeit, die unser Fassungsvermögen übersteigt.

Gleichzeitig aber schließt sich um diese glaubenden Menschen das Band der Gemeinschaft innerhalb der Menschheitsfamilie, die sich auf dem Urgrund des Seins verankert hat. Diese Sicherheit gibt Sinn und Kraft. – Und haben Sie gemerkt wie sich hier der Kreis schließt auch mit Noah und seinen Söhnen? Auch die sind fest verankert in dieser Wirklichkeit.

Ich wünsche Ihnen allen diese Erfahrung.

Amen.                                                  

© R. Hübschle 2012

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.