Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
Schwalbenweg 5
88213 Ravensburg

Tel. 0751-7912430
Fax 0751-7912440
E-Mail: Info-Dreifaltigkeit.RV@drs.de

 

 

Karfreitag

Schriftlesung: 1 Kor 1, 19-25

Denn das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft.
Es heißt nämlich in der Schrift: Ich lasse die Weisheit der Weisen vergehen und die Klugheit der Klugen verschwinden.
Wo ist ein Weiser? Wo ein Schriftgelehrter? Wo ein Wortführer in dieser Welt? Hat Gott nicht die Weisheit der Welt als Torheit entlarvt?
Denn da die Welt angesichts der Weisheit Gottes auf dem Weg ihrer Weisheit Gott nicht erkannte, beschloss Gott, alle, die glauben, durch die Torheit der Verkündigung zu retten.
Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit.
Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.
Denn das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen.

 

 

Impulse

I      Das Kreuz – ein Ärgernis, eine Provokation

(VOR der Passion)

Provokation Paulus – so lautet der Titel unserer diesjährigen Predigtreihe.

Paulus, der Verfasser des ersten Korintherbriefes, war ein gebildeter Jude und besaß auch Kenntnisse der griechischen Weisheitslehre.

Die Juden glaubten an das Kommen eines starken Messias, der eine weltliche Herrschaft begründen würde.

Die Griechen glaubten an einen philosophischen Weg zu Gott. Für sie galten die Ideale der Weisheit und der Vernunft.

Somit war die „neue“ Religion der Christen ein Ärgernis, eine Provokation, für Juden wie Griechen.

Dieser Jesus von Nazareth, ein Mensch unter Menschen, erniedrigt, gekreuzigt wie ein Verbrecher?

Wie kann er von sich behaupten, Gottes Sohn zu sein?

Gottes Sohn – am Kreuz?

Und was ist das Kreuz für mich, heute? Ärgernis, Provokation, Torheit, Weisheit, Gottes Kraft?

Hören wir nun den ersten Teil der Passion nach dem Evangelisten Johannes, vertont von Joachim von Burck

 

II     Das Kreuz – Torheit oder Weisheit

(NACH Teil 1 der Passion)

 â€žDer Mensch ist Kreuz", sagt Anselm Grün.

Die Senkrechte verbindet Himmel und Erde, wir Menschen stehen mit beiden Füßen auf der Erde und streben doch nach dem Himmel, nach Gott, nach Gerechtigkeit und Frieden. Diese Sehnsucht hält uns aufrecht, sonst kriechen wir nur auf dem Boden, beschäftigt allein mit uns selbst. Aber wenn wir die Bodenhaftung verlieren, schweben wir in himmlischen Sphären, fern ab der Wirklichkeit. Unsere Sehnsucht hat dann keinen Grund mehr. Wir brauchen den Kontakt zu beidem, zu Himmel und Erde.

Und auch die Waagerechte ist wichtig: wenn wir unsere Arme ausbreiten, sind wir offen und verwundbar und setzen uns der Welt aus. Nur so können wir mit anderen Menschen zusammenkommen.

Gott wurde Mensch - ganz und gar - nicht nur in der Krippe, sondern auch und gerade am Kreuz.
Gott steht nicht über den Menschen, sondern tritt an unsere Seite. Mit Jesus ist Gott mittendrin.

Bischof Franz Kamphaus sagt: „Ecce homo: Sehr Jesus! Er ist einer von uns und doch ganz anders als wir. Jesus widersteht der Gewalttätigkeit … durch die Passion seiner ohnmächtigen machtvollen Liebe. Er zahlt nicht heim. Er steigt aus dem Gewaltspiel aus, er unterbricht es und wird selbst zum Opfer. Das Kreuz ist das Zeichen unzerstörbarer Liebe.“

Seine vermeintliche Torheit ist seine Weisheit.

(nach Chr. Quinke, Pfarrerin)

 

III    Das Kreuz – Gottes Kraft

(NACH Teil 2 der Passion)

Mit Jesus ist Gott mittendrin im Leben. Er nicht, und kein Mensch mit seinen Leiden und Schrammen ist vergessen von Gott.
Und so müssen wir auch nicht mehr stark sein.
Das Kreuz befreit uns von der Illusion einer leidfreien Welt. Wir müssen das Potenzgehabe und die Machtspiele, die unseren Alltag regeln wollen, nicht mehr mitmachen. Denn Gott stellt sich auf die Seite des Schwachen und Gedemütigten. Gott sagt Nein zu allem, was Menschen uns an Leid und Lebensfeindlichkeit zufügen. Er antwortet nicht mit Gewalt, sondern mit Liebe. Seine vermeintliche Schwäche ist seine Stärke.

Und genau darin liegt die Kraft des Wortes vom Kreuz, gerade weil sie quer zu unseren krankmachenden Maßstäben steht - es befreit uns von ihnen.

Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“

Gott bekennt sich zu Jesus, diesem wahren Menschen, zu dem Leidenden, Sterbenden, Gequälten und Gedemütigten.
Er bekennt sich zu dessen Liebe und Gewaltlosigkeit und lässt die Gewalt und den Tod nicht das letzte Wort über ihn haben.
Hier erweist sich Gottes Kraft:
Gott lässt Jesus nicht im Tod.
Gewalt und Tod haben keine Macht mehr.
Gott sagt Nein zu Tod und Gewalt. Aber Ja zu Jesus. Gott sagt Ja zum Menschen und seiner Zukunft.

Und deshalb braucht es immer wieder die Erinnerung an das Kreuz Jesu Christi, wie Johann Baptist Metz es ausdrückt: „eine befreiende Erinnerung, die die Gegenwart bedrängt und in Frage stellt … und die Glaubenden zwingt, sich ständig selbst zu verändern, um dieser Zukunft Rechnung zu tragen.“

 

IV   Das Kreuz durchkreuzt

(NACH Teil 3 der Passion)

„Herr, wir glauben, Herr, mehre unsren Glauben.“ – so hat die Passion geendet.

Und doch bleibt der gekreuzigte Christus eine Provokation.
Wir Menschen tun uns immer noch schwer mit dem Kreuz.
Wir werden es immer schwer haben - das liegt an diesem Symbol selbst, das so viele Gegensätze in sich birgt: Ja und Nein, Liebe und Gewalt, Nähe und Ferne, Einsamkeit und Gemeinschaft, Himmel und Erde, Gott und Mensch.
Das Kreuz entzieht sich uns und gibt uns doch Halt.
Am Kreuz kommen wir mit all unseren Gegensätzen mit Gott zusammen.

Lothar Zenetti formuliert es so:

Das Kreuz des Jesus Christus
durchkreuzt was ist
und macht alles neu

Was keiner wagt, das sollt ihr wagen
was keiner sagt, das sagt heraus
was keiner denkt, das wagt zu denken
was keiner anfängt, das führt aus

wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s sagen
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben
wenn alle mittun, steht allein

Wo alle loben, habt Bedenken
wo alle spotten, spottet nicht
wo alle geizen, wagt zu schenken
wo alles dunkel ist, macht Licht

Das Kreuz des Jesus Christus
durchkreuzt was ist
und macht alles neu

© B. Vallendor, 2016

 

HIER finden Sie die Impulse im pdf-Format.