Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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Evangelium: Mk 16, 1-7

Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohlriechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben.
Am ersten Tag der Woche kamen sie in aller Frühe zum Grab, als eben die Sonne aufging.
Sie sagten zueinander: Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?
Doch als sie hinblickten, sahen sie, dass der Stein schon weggewälzt war; er war sehr groß.
Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr.
Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden; er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte.
Nun aber geht und sagt seinen Jüngern, vor allem Petrus: Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.

 

 

Predigt

Liebe in der Osternacht versammelte Gemeinde!

Wenn Sie antike Götter – und Heldenerzählungen mögen, dann kennen Sie vielleicht den Mann, von dem ich Ihnen jetzt erzählen will und der uns noch eine weitere Antwort  gibt auf die Frage unserer diesjährigen Predigtreihe in der Fastenzeit:

„Gott und Gold – wieviel ist genug?“

Der Mann, den ich meine, heißt Midas  und war König in Phrygien, in Kleinasien,  im 8.Jh. v.Chr.  Ovid, der römische Schriftsteller im 1.Jh.v.Chr. kennt den historischen Midas, und auch Aristoteles, der große griechische Philosoph im 4.Jh.v.Chr. erwähnt ihn in seinen Schriften.

Ãœber König Midas sind aber zudem zahlreiche Legenden geschrieben worden, so z.B. dass er ein Sohn der Kybele gewesen sein soll, die damals als große Göttermutter – als Magna Mater  - verehrt wurde.

Für unser Thema in der Fastenzeit allerdings ist eine andere Erzählung über diesen Götter-König Midas interessant, weil sie uns bis heute Einblicke gibt, wie die Menschen schon lange vor der Geburt Jesu über die „Götter“ und über „Gold“ gedacht haben. Und jetzt hören Sie diese Erzählung aus der Antike – verkürzt und mit meinen Worten:

König Midas wollte klug und weise sein, so wie es zur damaligen Zeit Silenos gewesen ist – der Lehrer und Erzieher des Weingottes Dionysos.

Midas dachte, er könne diese Weisheit des Silenos allein schon dadurch auf sich übertragen, dass er ihn in sein Haus bringt und ihn dort in seiner Nähe gefangen hält. Midas stellte also Silenos eine Falle: Er hat das Quellwasser, aus dem Silenos normalerweise trinkt, mit Wein vermischt und so dafür gesorgt,  dass Silenos betrunken wird.  Dann  trägt er ihn zu sich nach Hause.

Es zeigt sich aber sehr schnell, dass der König auch in Anwesenheit  des klugen Silenos so dumm und so einfältig bleibt, wie er war.

Dionysos aber vermisst in der Zwischenzeit seinen klugen und treuen Silenos, und er will, dass der König ihm seinen Ratgeber zurückgibt.

Midas allerdings will, dass Silenos nur dann zu Dionysos zurückkehrt, wenn der Sohn des Zeus ihm folgenden Wunsch erfüllt:

König Midas wünscht sich von Dionysos, dass in Zukunft alles, was er berührt, zu Gold wird.

Und Dionysos erfüllt ihm seinen Wunsch.

Dummerweise aber  hat Midas dabei nicht bedacht, dass wirklich alles zu Gold wird, was er berührt – auch sein Essen und Trinken!!! Ohne dieses Essen und Trinken aber kann auch ein gold-gieriger König nicht lange überleben.

Und schließlich hat Midas – so erzählen es die Legenden – sogar seine eigene Tochter  zu  Gold gemacht – aus purer Gier und aus purer Dummheit.  Der Maler Walter Crane hat zu dieser Szene im vorletzten Jahrhundert sogar ein Kunstwerk geschaffen: In den Armen des dummen und erstaunten Königs liegt seine tote Tochter – über und über mit Gold überzogen.

Diese kleine Reise in die Sagen- und Götterwelt der Antike  bringt mich auf folgende Idee:

Goldgierige  und geldgierige  Menschen bekommen offensichtlich nie genug – und: Sie alle sind wohl nicht  die Allerklügsten und machen sich selber  unglücklich mit ihrem Geld- und Gold-Ansammeln. König Midas lebt zwar im totalen Luxus – umgeben von purem Gold – aber letztendlich ist er ein armer und ein armseliger Mann:

Er sieht nur sich und sein Gold, aber was Menschlichkeit ist oder Vatersein oder Hoffnung in aller Verzweiflung oder Geliebtwerden – das hat der antike König nie entdeckt – und schon gar nicht erlebt.

Ganz offensichtlich kann Gold – und erst recht viel zu viel davon – richtig unglücklich machen!!

Im Gegensatz dazu erleben die 3 Frauen in unserem heutigen Osterevangelium, was wirkliches  Glück ist – und das in einer Situation, in der sie nur noch verzweifelt sind, unendlich traurig und ohne die Hoffnung, dass es für sie noch eine sinn-erfüllte Zukunft gibt.

Durch den Schleier ihrer Tränen hindurch haben diese 3 Frauen ganz offensichtlich das Licht gesehen – ein Licht, das ihnen allen wohl die Sicherheit gegeben hat, dass in jedem Zu-Grunde-Gehen  ein Wieder-Aufstehen möglich ist bei unserem Gott.

Und es ist diese Erfahrung, die wir Christinnen und Christen bis heute „Auferstehung“ nennen  und die unsere 3 Frauen im Evangelium so unvorstellbar  reich macht – ganz ohne Gold und ganz ohne Geld!!

Was geschieht an diesem Oster-Morgen tatsächlich?

Oder ich frage Sie anders:

Mit welchen Augen sehen Sie Engel???

Ich nehme einmal an, dass wenn Sie selber – in Ihrem Alltag – einen Menschen einen „Engel“ nennen, dann meinen Sie keine Gestalt aus der Bibel mit Flügeln. Sie meinen vermutlich einen Mann oder eine Frau, der oder die für Sie – und vielleicht nur für Sie – wie ein Engel ist. Es ist wahrscheinlich der Mensch in Ihrem Leben, der Sie ahnen lässt, was Liebe ist.

„Engel“ sind also diejenigen Männer und Frauen an unserer Seite, die uns in keiner Situation allein lassen, die uns Kraft geben, die zu uns stehen, wenn wir ganz verzweifelt sind und in deren Nähe wir spüren, dass der Himmel tatsächlich die Erde berühren kann!

Solche „Engel“ in unserem Leben machen uns tatsächlich  reich und geben uns das sichere Gefühl, dass unser Leben sinnvoll ist und glücklich.

Solche „Engel“ aber sind nur mit den Augen der Liebe zu sehen.

„Ihr sucht Jesus von Nazareth…..Er ist auferstanden; er ist nicht hier.“

Auch diese Verse in unserem heutigen Evangelium  lassen sich nur mit den Augen der Liebe entschlüsseln:

Maria Magdalena, Maria, die Mutter des Jakobus und Salome – diese 3 Frauen haben ganz offensichtlich solche Augen der Liebe gehabt. Und sie haben wohl auch ihrem Gespür getraut, dass wir Menschen zu unseren Lebzeiten unserem Gott nur  mit solchen liebenden Augen begegnen können.

In ihrer größten Verzweiflung spüren diese Frauen, dass diese un-fassbare göttliche Wirklichkeit sie berührt.

Und diese Berührung muss so ganz anders gewesen sein, so unerwartet und gleichzeitig so machtvoll, dass aus den verzweifelten, traurigen Frauen selbstbewusste, mutige und vom Göttlichen berührte Zeuginnen dieses Ostergeschehens geworden sind.

Ohne sie und ohne ihr Auferstehungszeugnis wäre der wie ein Verbrecher hingerichtete Visionär der Menschlichkeit – Jesus von Nazareth – nach seinem Tod nie mehr in den Geschichtsbüchern aufgetaucht.

Mit diesen 3 Frauen aber hat die Botschaft Jesu eine neue Zukunft bekommen. Sie haben weitererzählt, was sie an jenem Morgen erlebt haben und was für uns Glaubende bis heute gilt:

Der Blick in jedes Grab eröffnet uns die Perspektive, dass unser Tod ein Ende ist, mit dem alles beginnt.

„So viel Gott“ zu erfahren, das ist geschenkter Augenblick.

„So viel Gott“ zu spüren, das lässt sich niemals naturwissenschaftlich beweisen, das lässt sich auch nicht herbeizwingen und das lässt sich schon gar nicht erkaufen – mit allem Geld und mit allem Gold der Welt nicht!!

„So viel Gott“ – das ist wirkliches Glück – unglaublich und befreiend zugleich.

 

Liebe Gemeinde,

ich wünsche Ihnen allen – und besonders dir, Johanna, heute  zu deiner Taufe – solche Glücksmomente mit unserem Gott.

Und falls manche von Ihnen ab und zu denken, dass Ihnen ein wenig mehr Geld oder ein wenig Gold in Ihrem Leben gut tun würde, dann denken Sie vielleicht ab und zu an den gierigen Midas. Er wird zwar schließlich von Dionysos vor dem Hungertod bewahrt, aber dumm,  unglücklich und ohne Liebe ist er weiter durch sein Leben gegangen.

Deshalb hole ich ganz bewusst  â€žGeld“ und „Gold“ vom  obersten Podest meiner Wünsche und stelle statt dessen die „Liebe“ auf diesen Sockel – die Liebe zu den Menschen und die Liebe zu Gott.

Ich wünsche Ihnen allen frohe Ostern.

Amen.

© A. Böhm, 2015

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.