Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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5. Fastensonntag: "Unser tägliches Brot gib uns heute"

Lesung: 1 Kön 17, 8-15

Da erging das Wort des Herrn an Elija:
Mach dich auf und geh nach Sarepta, das zu Sidon gehört, und bleib dort! Ich habe dort einer Witwe befohlen, dich zu versorgen.
Er machte sich auf und ging nach Sarepta. Als er an das Stadttor kam, traf er dort eine Witwe, die Holz auflas. Er bat sie: Bring mir in einem Gefäß ein wenig Wasser zum Trinken!
Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach: Bring mir auch einen Bissen Brot mit!
Doch sie sagte: So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts mehr vorrätig als eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf und gehe dann heim, um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten. Das wollen wir noch essen und dann sterben.
Elija entgegnete ihr: Fürchte dich nicht! Geh heim und tu, was du gesagt hast. Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck und bring es zu mir heraus! Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten; denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet.
Sie ging und tat, was Elija gesagt hatte. So hatte sie mit ihm und ihrem Sohn viele Tage zu essen.
Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der Herr durch Elija versprochen hatte.    

 

Evangelium: Mt 5, 5-15

Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter, sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.
Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.
Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.
Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel.
Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Unterhalt.
Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, erkundigt euch, wer es wert ist, euch aufzunehmen; bei ihm bleibt, bis ihr den Ort wieder verlasst.
Wenn ihr in ein Haus kommt, dann wünscht ihm Frieden.
Wenn das Haus es wert ist, soll der Friede, den ihr ihm wünscht, bei ihm einkehren. Ist das Haus es aber nicht wert, dann soll der Friede zu euch zurückkehren.
Wenn man euch aber in einem Haus oder in einer Stadt nicht aufnimmt und eure Worte nicht hören will, dann geht weg und schüttelt den Staub von euren Füßen.
Amen, das sage ich euch: Dem Gebiet von Sodom und Gomorra wird es am Tag des Gerichts nicht so schlimm ergehen wie dieser Stadt.

 

Predigt:

… unser tägliches Brot gib uns heute …

Um diese Brotbitte soll es heute gehen. Und wir haben heute auch noch den Misereor-Sonntag, der unter dem Motto steht: „Wir haben den Hunger satt.“ Vielleicht haben Sie sich etwas gewundert über die Textauswahl der Bibeltexte.

Für mich sind das zwei äußerst spannende Texte, die vor allem diese Brotbitte im Vaterunser etwas erhellen sollen.

Die Wundererzählung im 1. Buch der Könige, die von Elia berichtet, der sich von einer Witwe ein Brot backen lässt – und hinterher ist für die Witwe, ihren Sohn und Elia die Hungersnot vorbei, unter der das ganze Land leidet. Der Mehltopf und der Ölkrug werden nicht leer bis die Hungersnot vorbei sein wird.

In dieser Erzählung wird eine Frau aus Sarepta, das ist in Phönizien, also eine Heidin, zur Prophetin für ganz Israel. Sie bekennt sich zum Gott des Elia und sie tut, was Elia sagt. Eine Heidin vertraut auf diesen fremden Gott – und sie rettet sich, Elia und ihren Sohn vor dem Hungertod.

Brot – lebensnotwendig für die Menschen. Ohne Nahrung gibt es keine Zukunft und kein Leben.

Dann diese Aussendungsgeschichte in der Version des Mt. Ich habe diese Version ausgewählt, weil sie noch etwas radikaler ist als die Paralleltexte bei Markus oder Lukas.

Jesus sendet seine frisch ausgewählten 12 Apostel zum Missionieren in die Dörfer in Galiläa. Sie sind zwar schon eine geraume Weile mit ihm gegangen und haben schon Einiges mit ihm erlebt, und jetzt sollen sie bereits das Gleiche machen wie der Meister selbst. Das ist schon ein heftiger Einstieg für diese zwölf Apostel. Aber sie lassen sich senden.

Warum passiert das alles so hopplahopp? Warum nimmt sich Jesus nicht die Zeit, sie ganz langsam auf ihre Aufgaben vorzubereiten?

Da gibt es nur eine Antwort: die Zeit drängt! Jesus ist sich sicher, dass Gott schon bald sein Reich heraufführen wird, ja es ist bereits im Kommen! Und dann sollen möglichst viele Menschen informiert sein. Er allein schafft das nicht. Deswegen sendet er sie jetzt zu zweien aus, damit die Botschaft vom schon herankommenden Reich viel schneller unter die Leute kommt.

Jesus ist aber nicht der Einzige, der durch die Lande zieht und für die Menschen eine Botschaft hat.

Da gibt es vor allem noch die Gruppierung der Zeloten. Sie sind die absoluten Gegner der Besatzungsmacht Rom. Sie wollen die Römer mit Gewalt aus ihrem Land hinauswerfen. Dazu brauchen sie aber viele, die ihre Ideen mittragen und vor allem dann auch mitkämpfen.

Deswegen ziehen auch sie von Dorf zu Dorf und suchen nach Gleichgesinnten. Sie verkünden die Befreiung von der Herrschaft der Römer und natürlich dann ein eigenes Reich für das Volk Israel und seine zwölf Stämme. Das ist das Ziel. Erreichen wollen sie das Ziel mit Gewalt und natürlich mit der Unterstützung ihres Gottes Jahwe.

Damit nun die Jünger Jesu nicht mit den Jüngern der Zeloten verwechselt werden, trägt er ihnen ganz radikale Regeln auf.

Ich möchte sie noch einmal in Erinnerung rufen:

Geht nicht zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter   …

Steckt nicht Gold, Silber und Kupfermünzen in euren Gürtel.

Nehmt keine Vorratstasche mit auf den Weg, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab; denn wer arbeitet, hat ein Recht auf seinen Unterhalt.

Haben Sie’s gemerkt: die Botschaft ist nicht für Heiden! Die Apostel dürfen kein Geld mitnehmen, kein zweites Hemd, keine Schuhe, keinen Wanderstab.

Das sind heftige Regelungen, die Jesus da trifft. Aber es sind Regelungen, die die Jünger Jesu von den Zeloten unterscheidet.

Wer kein Geld dabei hat ist auf Hilfe angewiesen, wer keine Schuhe anhat, kann auf dem Gestrüpp der Wege dieser Zeit nicht so schnell fliehen, wer keinen Stab hat, ist ohne Schutz gegen Schlangen und wilde Tiere und kann sich damit auch nicht gegen Angriffe verteidigen.

Alle diese Punkte unterscheiden die Jünger Jesu von den Zeloten.

Die Zeloten müssen nämlich auch in der Lage sein, schnell zu verschwinden, sie können sich nicht darauf verlassen, dass sie bei den Leuten aufgenommen werden, weil sie ja Gewalt predigen und sie haben Waffen dabei, weil es die für einen Aufstand braucht.

Das Vaterunser ist das Gebet, das Jesus seine Jünger lehrt. Es ist das Gebet für die Jünger Jesu!

In der Brotbitte beten die Jünger um das Brot, das sie täglich brauchen, damit sie überleben können. Weil sie bei ihrer Mission nichts dabei haben, sind sie gänzlich auf die Hilfe der Menschen angewiesen, zu denen sie gehen.

Die Jünger wissen sich als Angehörige der einen Familie mit dem einen Vater, nämlich Gott. Und sie sind sich ganz sicher, dass Gott, ihr Vater, ihnen täglich das bereitstellen wird, was sie für ihr Leben und für ihren Auftrag brauchen. Wahrscheinlich haben sie diese Erfahrung mit Jesus schon gemacht. Er bekommt überall Unterstützung, wohin er auch kommt, weil er Kranke heilt und allen verkündet, dass Gottes Reich nahe ist.

Das Gleiche machen die Apostel und sie erleben dabei, dass auch sie diese Unterstützung erfahren von den Menschen.

Damit wird klar: Gott, der Vater sorgt für sie, weil sie auf ihn allein vertrauen. Dafür brauchen sie kein Geld, kein zweites Hemd, keine Schuhe – denn sie müssen nicht fliehen -, keinen Stab, weil sie wehrlos bleiben sollen, denn der Schutz kommt vom Vater!

Es geht also bei der Brotbitte wirklich um das Brot, um die Nahrung für einen Tag. Mehr braucht es nicht zum Leben. Eine längerfristige Perspektive braucht es auch nicht mehr, weil ja das Reich Gottes so nahe ist.

Die heidnische Witwe in Sarepta hat eine neue Lebensperspektive für sich und ihren Sohn bekommen, weil sie auf den lebendigen Gott des Elia vertraut hat. Dieser Gott scheint so mächtig zu sein, dass er es sich auch leisten kann, eine Heidin und ihren Sohn vor dem Hungertod zu retten.

Bei Jesus ist es da zunächst noch anders und in der Darstellung des Mt sieht es so aus, dass die Heiden eben vom angebrochen Reich Gottes nichts erfahren sollen, weil sie mit dieser Botschaft gar nichts anfangen können.

Zunächst sollen nämlich durch die zwölf Apostel die zwölf Stämme Israel gesammelt werden, die sich ja alle zu Jahwe als ihrem Gott bekennen.

Und wenn dann alle die Botschaft vom angebrochenen Reich Gottes gehört haben und sich gewiss sind, dass Gott wirklich handelt und sie zu dieser einen Familie Gottes, mit dem einen Vater,  gehören, dann haben alle zu dieser inneren Freiheit gefunden, die sie für die Angriffe von Außen unempfindlich werden lässt.

Das ist die Freiheit der Kinder Gottes!!

Mt schreibt sein Evangelium ja erst um das Jahr 80 oder 85 n.Chr. Da sind bereits die ersten Christenverfolgungen im Gang.

Da braucht jetzt auch diese kleine christliche Gemeinde den Trost und die Zuversicht, dass Gott wirklich auch ihr Vater ist, der für seine Kinder sorgt.

Auch diese späteren Jüngerinnen und Jünger Jesu dürfen voller Vertrauen die Bitte um das tägliche Brot aussprechen. Auch sie erfahren Hilfe für ihren täglichen Lebensunterhalt, weil ihre Botschaft und die Zeichen, die sie tun dürfen im Namen Jesu, die Menschen begeistert.

Und je mehr sie sich auf Gott, den einzigen Vater verlassen, desto freier werden sie in der Auseinandersetzung mit den Gegnern und Verfolgern.

Wenn wir heute um das tägliche Brot beten, dann dürfen wir das mit dem gleichen Hintergrund tun.

Wir dürfen uns alle als Kinder des einen Gottes begreifen, der für die Seinen sorgt.

„Dann soll er doch endlich den Hunger in der Welt beseitigen und den hungernden Menschen das tägliche Brot reichen!“ …

Sie wissen jetzt sicher schon was kommt: Ja – da müssen halt auch die Menschen da sein, die dieses tägliche Brot mit den Bedürftigen teilen.

Und um nichts anderes geht es beim Hilfswerk Misereor.

Das Motto heißt in diesem Jahr: „Wir haben den Hunger satt“ –

Ja, wir haben den Hunger wirklich satt!! Und wir wissen alle, dass es beim Hunger in unserer Welt un ein Verteilungsproblem geht und um die vielfältigen Strukturen der Ungerechtigkeit, die unsere Welt immer noch fest im Griff haben.

Letztlich werden wir diese Probleme wohl nur lösen können, wenn wir auch unserem Gott etwas zutrauen, der sogar die Herzen der Menschen bewegen kann.

Und da traue ich uns und ihm einiges zu.

Vielleicht ist ja die Wahl unseres neuen Papstes Franziskus so ein sprechendes Zeichen, dass die Welt grundlegend mit neuen Ideen und mit neuen Perspektiven verändert werden soll. Wir werden sehen.

Amen.

 

© R. Hübschle 2013

 

Diese Predigt finden Sie hier als pdf.