Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
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4. Advent

Lesung: Röm 1,1-7

Paulus, Knecht Christi Jesu, berufen zum Apostel, ausgesondert, das Evangelium Gottes zu verkünden, das er durch seine Prophetenti m Voraus verheißen hat in heiligen Schriften: das Evangelium von seinem Sohn, der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids, der dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ist als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten, das Evangelium von Jesus Christus, unserem Herrn. Durch ihn haben wir Gnade und Apostelamt empfangen, u unter allen Heiden glaubensgehorsam aufzurichten um seines Namens willen; untern ihnen lebt auch ihr, die ihr von Jesus Christus berufen seid. An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.

 

Evangelium: Mt 1,18-24

Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartet – durch das Wirken des Heiligen Geistes. Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, siehe da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als diene Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist. Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen. Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Siehe. Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns. Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

 

Predigt 

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Kinder und Jugendliche!  

Da steht sie nun – die Neue. Ein Lichtblick in der sonst eher gebeutelten Personalsituation unserer Gemeinden? Nun, man wird sehen.   Mit 50 % arbeite ich in Ihrer Seelsorgeeinheit, wohne in Achberg, habe dort auch mein Büro und werde hier immer wieder dasein. Mit weiteren 25% bin ich Campingseelsorgerin am Bodensee in Gohren. Da erzähle ich an anderer Stelle gerne mehr, heute nur eins was eine Brücke schlägt zur biblischen Frau des Tages. In der diesjährigen Saison erhielt ich 4 Anfragen für eine Taufe. Ich musste die Menschen weiterschicken – es liegt ja kein Notfall vor.   Vor knapp 2000 Jahren wäre das nicht passiert. Da gab es Phoebe. Sie taufte. Auf der Kerze in der wunderbaren Adventslandschaft ist sie als Taufende dargestellt. Vermutlich kennen viele von Ihnen Phoebe nicht. Sie teilt das Schicksal vieler biblischen Frauen. Sie werden verschwiegen, Texte werden in der Ãœbersetzung verfälscht und es wird abgewiegelt, damit das patriarchal-hierarchische System unserer Kirche stimmt. In der Ordnung der Sonntagslesungen kommen sie nicht bzw. fast nicht vor. Es ist ein Lichtblick, dass Theologen und Theologinnen sich in den letzten 50 Jahren dieser biblischen Frauen annehmen und ihre Bedeutung herausarbeiten und würdigen.  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit  

Wer ist nun Phoebe?   Phoebe ist eine Frau aus Kenchreä, der Hafenstadt von Korinth. Sie ist reich. Sie stellt ihr Haus, Ihr Herz, ihre Kraft und ihr Leben zur Verfügung um das Evangelium zu verkünden und zu leben. Ich darf sie ihnen heute vorstellen als Botin und Mitarbeiterin des Paulus, als Vorsteherin der Gemeinde und als Diakonin.

Wenn das kein Lichtblick ist!  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit  

Wir haben heute in der Lesung den Anfang des Römerbriefes gehört. Paulus schreibt ihn in Korinth, wo er zur Abfassung des Briefes wohnt. Wie kommt dieser Brief nun nach Rom? Damals gab es ja keine Post wie wir sie kennen. Phoebe ist die Überbringerin. Ist es nicht ein Lichtblick, dass ausgerechnet Paulus, der so gerne verneinend zitiert wird wenn es um die Stellung von Frauen in unserer Kirche geht – dass ausgerechnet dieser Paulus einer Frau dieses wichtige Dokument auf eine beschwerliche Reise anvertraut. Am Ende des Briefes bittet er die Gemeinde in Rom sogar sie „aufzunehmen im Herrn, wie es der Heiligen würdig ist.“ Und man soll ihr beistehen in jeder Sache die sie braucht.

Phoebe du Botin - ein Lichtblick!  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der der Dunkelheit  

Paulus stellt Phoebe in seiner Empfehlung als „unsere Schwester“ vor. Damit weist er sie aus als Mitarbeiterin. Sie steht damit auf derselben Stufe wie „die Brüder“, z.B. Timotheus. Das was Paulus als seine Schwestern und Brüder bezeichnet waren seine Mitarbeiter und Beraterinnen. Er hatte viele davon. Männer und Frauen. Das waren die Stützen seiner Missionsarbeit. In der neuen Einheitsübersetzung werden diese Erkenntnisse der theologischen Forschung Gott sei Dank berücksichtigt. Das hindert aber z.B. einen bekannten Theologen der aus dem Allgäu stammt und in Rom eine wichtige Position innehatte nicht, die alte Übersetzung weiter zu zitieren. So bleibt die Welt in Ordnung. Tröstlich ist, dass am Ende das Wort Gottes steht.

Phoebe du Mitarbeiterin des Paulus – ein Lichtblick  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit  

Phoebe bekommt von Paulus auch die Bezeichnung prostasis – explizit sogar in der weiblichen Form. Prostasis bedeutet „Anführerin, Vorgesetzte, Vorstand“ und hat amtlichen Charakter. Wo das Wort prostasis in der männlichen Form in der Bibel auftaucht wird es eindeutig auch so übersetzt. Anführer, Vorgesetzter, Vorstand. Bezieht es sich auf eine Frau, muss diese sich begnügen mit Allerweltswörtern wie „Beistand“ oder „die mir geholfen hat“. Damit gehen diese Übersetzungen weit hinter die Einsichten der Kirchenväter und großer Theologen des Mittelalters zurück. Zahlreiche Zeugnisse aus der Theologiegeschichte zugunsten von Frauen bleiben damit unberücksichtigt. Warum? Ist das Strategie? Wie täte es unserer Kirche und der Botschaft Jesu gut, wenn begabte und berufene Frauen als „prostasis“ anerkannt und eingesetzt würden! Es wäre auf jeden Fall nichts Neues!

Phoebe, du „prostasis“ der Gemeinde von Kenchreä – ein Lichtblick  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit  

Und nun der gute Schluss – des Römerbriefs und fast auch der Predigt: Grüßt mir Phoebe, „diakonos der ekklesia von Kenchreä“. Das sind Worte! Diakonos: das heißt „Diakon“ oder „Gemeindeleiterin“. Das ist ein Titel und wieder eine Art Amtsbezeichnung. Er wird in den Paulusbriefen auch genau so übersetzt wenn es sich um einen Mann handelt. Handelt es sich allerdings um eine Frau – wie bei Phoebe – wird er übersetzt mit „Dienerin“. In der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ berichtet der Archäologe Carlo Carletti , dass rund 30 antike Inschriften bekannt sind, die auf Diakoninnen verweisen. Das Amt der Diakonin war offenbar weit verbreitet. Was war denn nun das Amt der Diakonin / des Diakons. Im Wort „diakonos“ steckt natürlich das Wort „dienen“. Es sagt etwas aus über die Qualität der Ausführung dieses Amtes. Es meint Diener oder Dienerin der Gemeinde zu sein  - so wie Jesus der Gemeinde gedient hat. Dieses Amt beinhaltete Leitungsaufgaben, Verkündigung des Wortes Gottes und karitativen Einsatz. Andere Ämter gab es noch nicht – weder bei Männern noch bei Frauen. So können wir uns vorstellen, dass Phoebe in ihrem Haus Gastgeberin und Leiterin der Kirchengemeinde von Kenchreä war , dass sie das Wort Gottes verkündete, Brot und Wein mit der Gemeinde teilte, karitative Aufgaben übernahm bzw. koordinierte und die Taufbewerber taufte.

Phoebe, „diakonos“– ein Lichtblick  

Liedvers: Ein Licht leuchtet auf in der Dunkelheit  

Liebe Schwestern und Brüder!

Bei dieser Faktenlage fragt der Tübinger Theologe Michael Theobald an, inwieweit Phoebe mit dem Römerbrief des Apostels im Gepäck immer noch unterwegs ist – auf dem Weg nach Rom, dieses Mal ins Zentrum der Kirche. Und er fragt weiter, ob sie jemals dort ankommen und – wie von Paulus erbeten - freundliche Aufnahme finden wird? Wir wissen es nicht. Wenn dem so wäre, müssten allerdings meine Kolleginnen und ich Anfragen von Taufen nicht mehr ablehnen. Amen.  

© G. Geiger, 2019  

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.