Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
Schwalbenweg 5
88213 Ravensburg

Tel. 0751-7912430
Fax 0751-7912440
E-Mail: Info-Dreifaltigkeit.RV@drs.de

 

 

Weihnachten: Seht ein Stern ist aufgegangen

Predigt:

 

… ein Stern fällt in die Welt …

Liebe Mitchristen,

mit diesem Thema sind wir durch den Advent gegangen.

Wir haben Ihnen Sterne gezeigt, die hier in unsere Welt hinein gefallen sind, die aber offensichtlich auch etwas bewirkt haben. – Es ist heller geworden, wenn auch nur ganz punktuell.

-      Wie schön leuchtet der Morgenstern …

-      Ein Licht in dir geborgen …

-      Ein Licht geht uns auf …

-      Stern über Betlehem …

-      Seht ihr unsern Stern dort stehen …

Heute:

-      Seht ein Stern ist aufgegangen …

 

Ãœberall in unserer Gesellschaft soll es heller werden,

 

-      dass da doch etwas aufleuchten soll,

-      dass ein Licht am Ende des Tunnels hoffen lässt,

-      dass doch noch etwas Gutes geschehen wird und kann in dieser dunklen Welt usw.

=> Die unzähligen Lichter zeugen von dieser Sehnsucht.

Es geht um Sehnsucht nach Licht im Leben.

=> Der Stern ist das Bild, das viele Liedtexter inspiriert hat, weil das Licht eines Sternes so geheimnisvoll ist und bei vielen Betrachtern eine Sehnsucht erzeugt.

=> Heutige Menschen schauen in den Sternenhimmel und staunen über dieses gewaltige Universum. Es ist für unseren begrenzten Verstand kaum zu begreifen, in welchen Räumen und Zeitdimensionen wir hier denken müssen.

=> Das Licht vieler Sterne ist losgeschickt worden, als noch hier auf der Erde die Dinosaurier geherrscht haben oder es ist noch viel länger unterwegs auf dem Weg in unser Auge heute. Unfassbare Distanzen zeigen sich in diesem Universum. Die Zeitspanne eines Menschenlebens ist da im Verhältnis weniger als ein Wimpernschlag.

=> Sterne scheinen schon zu allen Zeiten die Menschen fasziniert zu haben.

Deswegen wird dieses Bild so gerne verwendet in unseren Advents- und Weihnachtsliedern.

=> Da geht mit der Geburt Jesu ein Stern auf, der allen denen das Leben hell macht, die in einer Nacht gefangen sind.

Das ist unser heutiges Lied, das als Grundlage dienen soll für diese Predigt.

=> Markus Jenny hat den Text dieses Liedes 1971 verfasst. Markus Jenny war reformierter Pfarrer in der Schweiz. Er hat sich einen Namen gemacht mit solchen Liedern für Gesangbücher in der Schweiz und weit darüber hinaus.

Markus Jenny hat hier einen weit älteren Text verarbeitet, der aus dem 16. Jahrhundert stammt. Es ist die Zeit der Reformation(en). Eine Version stammt aus dem Jahr 1589 von Matthäus Ludecus, der erster protestantischer Domdekan am Dom von Havelberg war.

Der lateinische Text beginnt mit den Worten:

Quem pastores laudavere, quibus angelis dixere  … den die Hirten lobten, zu denen die Engel sprachen,

 

Das ist in unserem Lied der Text:

Hört, es singt und klingt mit Schalle: Fürcht‘ euch nicht, ihr Hirten alle …

Das Motiv ist die Szene des Lukasevangeliums. Engel, Hirten, Jubel, weil Gott in die Welt mit Macht eingebrochen ist. Der Anfang ist gemacht.

1971 verarbeitet Markus Jenny diesen mittelalterlichen Stoff zu unserem heutigen Weihnachtslied.

Menschen sollen aufhorchen und in ihre Dunkelheit, in der sie gefangen sind, bricht das Licht dieses neu aufgegangenen Sterns ein.

1971 war das Jahr, in dem die Welt erschreckt wurde durch den Beschluss Frankreichs, die Wasserstoffbombe zu bauen. Ebenfalls 1971 beginnt die Revolution im Bereich der Computertechnologie. Die Fa. Intel produziert den ersten Chip in Serie.

=> Ich weiß nicht, ob Markus Jenny an solche einschneidenden Ereignisse der Weltgeschichte gedacht hat beim Texten seines Liedes.

=> Mich fasziniert in diesem Lied dieser Gedanke, dass da Menschen in einer Dunkelheit gefangen sind, aus der sie keinen Ausweg finden. In dieser Nacht leuchtet plötzlich dieser Stern auf und lässt wieder den Weg erkennen.

=> Haben Sie schon einmal so eine Dunkelheit erlebt, bei der Sie buchstäblich nicht einmal mehr die eigene Hand vor den Augen sehen können.

=> Mir ist das schon einmal passiert. Da war ich mit meiner Schwester und meinem Schwager auf einer Wanderung in einem Vulkangebiet. Wir wollten unbedingt den Lavastrom bei der hereinbrechenden Dunkelheit sehen und fotografieren. Das ist uns auch gelungen. Allerdings war da eine Wegstrecke von ca. 2 Stunden zu überwinden auf einem Weg, den es nicht gegeben hat. Es war nur das Ziel zu sehen. Dazwischen erstarrte Lava mit vielen unberechenbaren Spalten.

=> Bei Tageslicht kein Problem. Aber als wir umdrehten, um zum Auto zurück zu gehen, wurde es schnell dunkel. Die Dämmerung war nur kurz. Der Himmel war bedeckt und es hat zu nieseln begonnen. Und nach ca. ½ Stunde war es unmöglich auch nur noch den nächsten halben Meter zu sehen. Es war stockfinster! Wir waren uns da schon sicher, dass wir die Nacht in diesem Lavafeld zubringen müssen, weil wir keine Taschenlampe und keinerlei Licht bei uns hatten, außer ein paar Streichhölzer. 

=> In dieser Situation „erschien“ plötzlich in Rufweite ein Licht. Eine Gruppe von vier jungen Leuten kam auf uns zu und nahm uns dann mit ihrem Licht mit bis zur Straße, wo die Autos geparkt waren.

=> Das war eine unglaubliche Erfahrung! Stockfinsteres Lavafeld und eine einzige Lampe bringt so viel Licht, dass dann sieben Leute einen Weg finden aus diesem Lavafeld.

=> Diese Erfahrung ist mir eingefallen bei der Strophe dieses Liedes. Auch für uns war damals ein Stern aufgegangen in einer absolut misslichen Situation. Die Erleichterung über die Begegnung mit dem „Stern“, mit diesem Licht, war gewaltig!

=> In der Osternacht versuchen wir so eine Erfahrung für alle zu ermöglichen, weil in die dunkle Kirche diese eine Kerze herein getragen wird mit diesem Ruf, dass Christus das Licht unserer Welt sei.

=> Jetzt stellt sich natürlich sofort die Frage, inwiefern der Christus oder das neugeborene Jesuskind, Licht ist für unsere Welt.

=> Warum ist es angeblich in unserer Welt so dunkel, dass wir ein solches Licht brauchen?

=> Zur Zeit Jesu war es die politische Situation, die den Menschen ihr Leben verdunkelt hat. Gewalt, Unterdrückung, Ausbeutung, Hoffnungslosigkeit, Ohnmacht, Hass und Wut waren die vorherrschenden Komponenten für das Lebensgefühl der Menschen.

=> Und wenn dann nach Jesaja so ein Freudenbote kommt und Frieden und Rettung verkündet dann sind die Menschen erlöst und glücklich. Ein neues Lebensgefühl bestimmt das Zusammenleben der Menschen.

=> Heute leben wir hier in einer Gesellschaft, die eigentlich sehr zufrieden ist mit dem erreichten Lebensstandard, gleichzeitig macht sich aber die Angst breit, dass andere auf das Erreichte neidisch sind und uns diesen Standard wegnehmen wollen.

=> Sie kennen alle das Ergebnis der Bundestagswahl und Sie wissen um die Stimmung, die dazu geführt hat, dass plötzlich andere Menschen als Bedrohung empfunden werden.

=> Dann werden uns in unseren Nachrichten immer wieder schreckliche Terrorbilder aus der ganzen Welt geliefert, Dadurch entsteht bei vielen Menschen der Eindruck, dass sie persönlich bedroht sind durch irgendwelche Spinner, die nichts anderes im Sinn haben, als zu zerstören und zu töten.

=> Auch unser Weihnachtsmarkt hier in Ravensburg war mit Betonpoldern abgesichert, damit kein Lastwagen da in die Menschenmenge hineinrasen kann.

=> Aber wie ist das mit einem Maschinengewehr – wenn da so ein Spinner auftritt, dann braucht es plötzlich überall Einlasskontrollen – ein grotesker Gedanke – und trotz allem gibt es keine 100%ige Sicherheit. Das Leben der Menschen in unserer Welt ist immer bedroht und vor allem endlich!

=> Wir Christinnen und Christen versuchen genau an diesem Punkt unserer Welt einen Hoffnungsschimmer zu vermitteln, nämlich, dass diese Welt trotz aller Not und Ungerechtigkeit von Gott gehalten und gewollt ist.

An Weihnachten feiern wir das Leben!

=> In einem Neugeborenen sehen wir unwiderruflich die Zusage Gottes, dass er in unsere Welt hinein gekommen ist.

=> Auch in unserer Zeit gibt es Gewalt, Unterdrückung, Ausbeutung, Hoffnungslosigkeit, Ohnmacht, Hass und Wut. Unzählige Menschen leiden unter dieser Realität.

=> Mächtige gehen über Leichen. Ein Menschenleben hat keinen Wert an sich. Menschen werden gedemütigt, abgeschlachtet, hingerichtet, gefoltert und entwürdigt.

=> Religiös verblendete Leute verraten den wertvollen Gedanken, dass sie gehalten sind in ihrem Leben von einem Gott, weil sie Menschen verachten, missbrauchen und töten, die eine andere Religion haben. Die Beispiele kennen Sie alle.

=> Wie nötig hat es da auch unsere moderne Welt, dass die Botschaft vom Neuanfang ins Leben einbrechen darf.

=> Gott wirkt immer noch in unserer Welt. Gott begegnet uns allen täglich in den Menschen. Gott ist nicht zu finden in einem unzugänglichen Jenseits! Er ist hier bei uns.

=> Allerdings ahnen wir Menschen diese andere Dimension, wenn wir aufmerksam in unsere Welt hinein schauen. Es gibt nämlich in unserer Welt nicht nur Mord und Todschlag.

=> Es gibt unzählige gute Orte und Aktionen, wo Gott spürbar ist. Diese vielen guten Nachrichten kommen allerdings nicht so selbstverständlich bei den Menschen an, wie diese Terrorakte. Die guten Nachrichten müssen wir uns immer wieder selber besorgen.

=> Wenn ich mir nur die Stadt Ravensburg mit ihren zahllosen Initiativen anschaue, dann ahne ich, dass da ganz oft ganz viel Licht ins Leben der Menschen hineinleuchtet, die wirklich auf der Schattenseite, also im Dunkeln leben müssen.

=> Auch wir in unserer Seelsorgeeinheit bemühen uns, für die Menschen da zu sein, die besonders unsere Hilfe brauchen. Und da fragen wir nicht nach der Herkunft, der Religion oder der Hautfarbe bevor wir helfen.

=> Angst vor dem Fremden wird am besten dadurch abgebaut, dass Begegnungen ermöglicht werden. Das wird auch in der Zukunft einer unserer pastoralen Schwerpunkte bleiben.

=> Wir haben in unserem Familienzentrum MOMOs WELT einen solchen Ort der Begegnung und wir werden versuchen, auch in unserem Gemeindezentrum so einen Ort zu schaffen, dass sich dort Menschen unterschiedlicher Kulturen und Religionen begegnen können.

=> Gestern beim Familiengottesdienst um 17.00 Uhr in Dreifaltigkeit waren zwei der Hauptdarsteller Muslime. => Sie haben uns, den Christen damit ein ganz besonderes Geschenk gemacht, weil sie ohne Angst vor dem Fremden ihre Rollen gespielt haben.

=> Sie haben dadurch ungeheuer viel zur Integration beigetragen. Wir müssen uns hier nicht gegenseitig bekehren oder verteufeln. Gemeinsam gilt es das Leben zu feiern, denn es kommt aus Gottes Hand.

 

Hört, es singt und kling mit Schalle,

fürcht‘ euch nicht, ihr Hirten alle!

Macht euch auf, geht hin zum Stalle:

Gott ward Mensch, des freut euch sehr!

 

Seht ein Stern ist aufgegangen

denen, die in Nacht gefangen.

Zu dem Kinde voll Verlangen

ziehn von fern die Könige her.

 

Diese beiden Strophen bilden die ganze Weihnachtsgeschichte ab.

=> Ich lege Ihnen dazu noch den kleinen Abschnitt aus dem Johannesprolog, in dem es um das Leben geht:

 

Im Anfang war das Wort,

und das Wort war bei Gott,

und das Wort war Gott.

Im Anfang war es bei Gott.

Alles ist durch das Wort geworden,

und ohne das Wort wurde nichts was geworden ist.

In ihm war das Leben,

und das Leben war das Licht der Menschen.

Und das Licht leuchtet in der Finsternis,

und die Finsternis hat es nicht erfasst.

Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.

 

=> Sehen Sie – auch in der Theologie des Johannes, der am ausgehenden ersten Jahrhundert diesen Prolog schreibt, kommt das Licht vor, das den Menschen letztlich das Leben hell macht.

=> Mit jedem Neugeborenen kommt diese Botschaft Gottes in unsere Welt. So wird das Leben der Eltern hell. Und das ist unabhängig von einer Religion oder Kultur.

=> Wir – die Christen – denken so, weil wir von Gott groß denken.

=> Gott spricht bis zum heutigen Tag sein JA zu uns Menschen.

=> Vielleicht schaffen wir es ja bei uns hier in unserer Gemeinschaft der Christinnen und Christen in unserer Seelsorgeeinheit, dass die Mitmenschlichkeit eine Chance bekommt.

=> Ich wünsche Ihnen allen von ganzem Herzen ein friedvolles und schönes Fest der Menschwerdung unseres Gottes.

Amen.

© R. Hübschle, 2017

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.