Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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Ravensburg West
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3. Advent: Abraham und Sara

Lesung: Gen 12, 1-2.4a.18, 1-15

Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.
Ich werde dich zu einem großen Volk machen, dich segnen und deinen Namen groß machen. Ein Segen sollst du sein.
Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte, und mit ihm ging auch Lot.
Der Herr erschien Abraham bei den Eichen von Mamre. Abraham saß zur Zeit der Mittagshitze am Zelteingang.
Er blickte auf und sah vor sich drei Männer stehen. Als er sie sah, lief er ihnen vom Zelteingang aus entgegen, warf sich zur Erde nieder und sagte: Mein Herr, wenn ich dein Wohlwollen gefunden habe, geh doch an deinem Knecht nicht vorbei!
Man wird etwas Wasser holen; dann könnt ihr euch die Füße waschen und euch unter dem Baum ausruhen.
Ich will einen Bissen Brot holen und ihr könnt dann nach einer kleinen Stärkung weitergehen; denn deshalb seid ihr doch bei eurem Knecht vorbeigekommen. Sie erwiderten: Tu, wie du gesagt hast.
Da lief Abraham eiligst ins Zelt zu Sara und rief: Schnell drei Sea feines Mehl! Rühr es an und backe Brotfladen!
Er lief weiter zum Vieh, nahm ein zartes, prächtiges Kalb und übergab es dem Jungknecht, der es schnell zubereitete.
Dann nahm Abraham Butter, Milch und das Kalb, das er hatte zubereiten lassen, und setzte es ihnen vor. Er wartete ihnen unter dem Baum auf, während sie aßen.
Sie fragten ihn: Wo ist deine Frau Sara? Dort im Zelt, sagte er.
Da sprach der Herr: In einem Jahr komme ich wieder zu dir, dann wird deine Frau Sara einen Sohn haben. Sara hörte am Zelteingang hinter seinem Rücken zu.
Abraham und Sara waren schon alt; sie waren in die Jahre gekommen. Sara erging es längst nicht mehr, wie es Frauen zu ergehen pflegt.
Sara lachte daher still in sich hinein und dachte: Ich bin doch schon alt und verbraucht und soll noch das Glück der Liebe erfahren? Auch ist mein Herr doch schon ein alter Mann!
Da sprach der Herr zu Abraham: Warum lacht Sara und sagt: Soll ich wirklich noch Kinder bekommen, obwohl ich so alt bin?
Ist beim Herrn etwas unmöglich? Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen; dann wird Sara einen Sohn haben.
Sara leugnete: Ich habe nicht gelacht. Sie hatte nämlich Angst. Er aber sagte: Doch, du hast gelacht.

 

Evangelium: Mt 8, 18-20

Als Jesus die vielen Menschen sah, die um ihn waren, befahl er, ans andere Ufer zu fahren.
Da kam ein Schriftgelehrter zu ihm und sagte: Meister, ich will dir folgen, wohin du auch gehst.
Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.
Ein anderer aber, einer seiner Jünger, sagte zu ihm: Herr, lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben!
Jesus erwiderte: Folge mir nach; lass die Toten ihre Toten begraben!

 

Predigt

 

Liebe am 3. Advent versammelt Gemeinde!

Mensch – Gottes Idee? So lautet der Titel unserer diesjährigen Predigtreihe, und wir nehmen hierbei ganz besonders biblische Paare in den Blick.

Am 1. Advent war der Anfang tatsächlich der Anfang – Adam und Eva, die ersten biblischen Menschen standen im Mittelpunkt der Predigt. Der Mensch – als Mann und Frau geschaffen als Gottes Ebenbild. Somit hat jeder Mensch per se eine einzigartige Würde. Diese muss freilich in unserer modernen Welt, wo Gott zunehmend weniger – oder anders – eine Rolle spielt, neu gedacht werden.

Am 2. Advent kam ein bekannter Mann und Urahne Jesu ins Spiel: König David – und seine erst Geliebte, dann Ehefrau Batseba.

Für sie und für uns alle gilt: „Mensch – du bist nicht die perfekte Idee unseres Gottes“ – aber von unserem Gott geliebt - trotz allem Versagen und in allem Unglück!

Heute, am 3. Advent, machen wir, chronologisch gesehen, wieder einen Schritt rückwärts: König David ist um das Jahr 1000 v. Chr. anzusiedeln. Abraham dagegen bereits zu Beginn des zweiten Jahrtausends vor Christus.

Abraham und seine Frau Sara – die kennen Sie doch, oder? Das ist bereits Unterrichtsstoff in der Grundschule, und sicher haben Sie die heutige Lesung schon einmal – mehrmals – gehört.

Was wir heute gehört haben, das ist es, woran man sich erinnert, wenn man an Abraham denkt: er bekam den Auftrag Gottes, aufzubrechen und in ein fernes Land zu reisen. Das tat er. Und dann war da noch die Geschichte mit den drei Männern, Boten Gottes, und Sara im Zelt, die erst ungläubig lacht, dann aber doch noch im sehr hohen Alter ein Kind bekommt..

Aber eigentlich war da noch einiges mehr!

Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist: ganz am Anfang der Lesung war noch die Rede von „Abram“ – dann aber ging der Text zu „Abraham“ über.

Das liegt daran, dass ich Ihnen sozusagen einen Zusammenschnitt als Lesung vorgelegt habe – zwischendrin haben wir flugs mal eben 6 Kapitel übersprungen.

Sechs Kapitel, in denen noch eine ganze Menge im Leben Abrahams – oder Abrams – geschieht.

Anfangs zieht er also los – auf Gottes Geheiß. Schon allein das muss man sich einmal vorstellen,  zum Beispiel aus der Sicht seiner Familie: Da kommt der Familienvater und sagt: „Gott hat mir aufgetragen, alles hier hinter mir zu lassen und in ein fernes Land aufzubrechen. Ich weiß zwar noch nicht, wohin, aber Gott wird es mir zeigen.“

Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen mit so etwas gehen würde, wenn das aber bei uns der Fall wäre, ich vermute mal stark, ich würde Bedenken anmelden – möglicherweise würde ich erst mal an der geistigen Gesundheit meines Mannes zweifeln, aber auch grundsätzlich würde ich jetzt nicht einfach alles mal eben so hinter mir lassen wollen, schon gar nicht, ohne genau zu wissen, was mich erwartet.

Nicht so Abraham. Er hört Gottes Verheißung und zieht weg. Ohne Wenn und Aber. Ähnlich konsequent fordert es übrigens auch Jesus in unserem heutigen Evangelium.

Abraham geht also, und ihm geht auch sein Neffe Lot – eigene Kinder hat Abraham ja nicht.

Für eine Familie, die sich Kinder wünscht, ist das auch heutzutage schlimm, wenn sie einfach keine bekommt. Aber zu Abrahams Zeit war das einer Katastrophe nahe. Die eigene Sippe war das Wichtigste, was man hatte, sie bot einerseits Zugehörigkeit und Geborgenheit, andererseits aber auch ganz direkt die eigene Altersversorgung.

Immerhin war da zum Glück ja der Neffe, Lot.

Möglicherweise hatte Abraham seine diesbezüglichen Erwartungen schon ganz auf ihn gesetzt.

Vielleicht war es aber auch ein letzter Funke Hoffnung, der Abraham so willig aufbrechen ließ, eine Hoffnung, die aus der Verheißung Gottes resultierte: „Ich will dich zu einem großen Volk machen.“ Das konnte doch eigentlich nur bedeuten, dass es doch noch irgendwie mit den eigenen Nachkommen klappen sollte, oder?

Wie dem auch sei, Abraham machte sich also auf den Weg – und bis zu dem Ereignis bei den Eichen von Mamre geschah noch so einiges. Einiges, was auch Abraham und Sara in einem etwas anderen Licht zeigt.

Um es kurz zu skizzieren:

-     In Ägypten gibt Abraham tatsächlich seine Frau als seine Schwester aus - und zwar aus Sorge um sich selbst. Er fürchtet, als ihr Ehemann getötet zu werden, da Sara sehr schön war. Tatsächlich landet sie so am Hof des Pharaos und Abraham wird für seine „Schwester“ mit Geschenken überhäuft. Der Pharao wird jedoch für diesen Ehebruch – von dem er ja gar nichts wusste – von Gott mit Plagen gestraft. Als er den Grund erfährt, schickt er Sara zurück zu ihrem Mann.
Soviel zu Abraham.

-     Nachdem auch nach zehn Jahren der erhoffte Kindersegen immer noch nicht eingetreten ist, schickt Sara ihren Mann zu ihrer Magd Hagar, um für Nachkommen zu sorgen. Eine damals nicht unübliche Praxis; als Hagar aber tatsächlich schwanger wird, gibt es schnelle Eifersüchteleien und Rangstreitigkeiten um ihre Stellung in der Familie. Die schwangere Magd wird so hart behandelt, dass sie in die Wüste flüchtet.

Abraham und Sara waren also keineswegs ihr Leben lang die braven Frommen, die still ergeben ihr Schicksal tragen und widerspruchslos Gottes Weg folgen.

Ein bisschen klingt das ja auch in unserer heutigen Lesung an – Sara, die lacht, weil sie nicht glauben kann, was Gott da versprochen hat: ein Kind, im hohen Alter.

Und doch: Abraham gilt als einer der Urväter des Glaubens, nicht nur in der christlichen, sondern auch in der jüdischen und in der muslimischen Tradition.

„Hilf uns glauben wie Abraham“ – so heißt ein neues geistliches Lied. – Abraham wird fürs uns heutige Menschen als beispielhaft für unseren Glauben dargestellt

Und das würde ich auch unterschreiben – trotz oder gerade wegen des keineswegs immer so geradlinigen Lebensweges von Abraham und auch Sara.

Die dritte Strophe in dem eben erwähnten Lied lautet: „Hilf uns glauben wie Abraham, dem der Weg wohl oft den Atem nahm, weil er weit war und steil, wie ein Fels ohne Seil, dass nur Gott seine Zuversicht blieb.“

Jahrelang war Abraham unterwegs – in das unbekannte, verheißene Land, mit der Hoffnung auf eine große Schar Nachkommen.

Und - nichts geschah. Das Ziel lag in weiter Ferne. Der Weg war sicher nicht einfach. Und da kamen gewiss auch Zweifel auf. War es richtig, was wir getan haben? Wo ist Gott? Der Glaube an Gottes Verheißung wurde in Frage gestellt. Und die Versuchung, eigene Wege zu gehen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, war allgegenwärtig – sei es, um sich selbst zu schützen – wie damals, als er seine Frau als seine Schwester ausgab, sei es, um endlich zu erhalten, was so sehnsüchtig gewünscht – einen Sohn, auch wenn er „nur“ von der Magd war.

Und wo ist Gott nun in dieser Zeit? Kurz und einfach gesagt: Er ist da. Man könnte auch sagen: Er ist trotzdem da, ohne Wenn und Aber. Auch wenn Abraham eigene Wege geht, „sein eigenes Ding“ durchzuziehen versucht; Gott bleibt ihm treu. In quasi jedem der Kapitel, die wir ausgelassen haben, erhält Abraham aufs Neue die Zusage, noch Vater eines großen Volkes zu werden - um es mal ganz „vermenschlicht“ auszudrücken: Gott weiß anscheinend genau, dass Abraham auf seinem langen, nicht einfachen Weg immer wieder mal eine kleine Ermunterung braucht, und Gott bleibt an Abrahams Seite, egal, wohin er seine Schritte lenkt, was er unternimmt.

 

Liebe Gemeinde!

Gott geht mit – auf unserem Lebensweg.

Auch wenn wir ganz eigene Wege gehen, Wege, die auf ganz unerwartete Pfade führen.

Auch wenn wir ungewöhnliche Dinge tun, die vielleicht unsere Mitmenschen überraschen.

Auch wenn uns in unserem Tun und Handeln ein Missgriff passiert.

Im Alten oder Ersten Testament hat sich – einige Generationen nach Abraham – Gott Mose offenbar als Jahwe – als Gott, der schon immer da war, der immer da ist, der immer da sein wird – für uns.

Und dieses Da-sein Gottes wird in Jesus konkret, nimmt in ihm menschliche Gestalt an – er ist der „Immanuel“, der „Gott mit uns“.

Mitgehender, mitfühlender und letztendlich auch mit-leidender kann Gott nicht sein als indem er in Jesus Christus Mensch wird und so alle Höhen und Tiefen des Menschseins durchlebt.

 

Liebe Gemeinde!

„Advent“ bedeutet „Ankunft“.

Jede Ankunft setzt aber zunächst ein Losgehen, ein Sich-auf-den Weg machen voraus.

Vielleicht ist es ja auch für den einen oder die andere unter Ihnen Zeit, einmal aufzubrechen, neue Schritte zu wagen, etwas Neues auszuprobieren – im Vertrauen darauf, dass Gott immer bei uns ist.

Jedenfalls wünsche ich Ihnen noch eine schöne Adventszeit mit unserem mit-gehenden Gott!

Amen.

© B. Vallendor, 2016

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.