Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

PfarrbĂĽro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
Schwalbenweg 5
88213 Ravensburg

Tel. 0751-7912430
Fax 0751-7912440
E-Mail: Info-Dreifaltigkeit.RV@drs.de

 

 

2. Advent: David und Batseba

Lesung: 2 Sam 11, 2-5.27b.c

Als David einmal zur Abendzeit von seinem Lager aufstand und auf dem Flachdach des Königspalastes hin- und herging, sah er von dort aus eine Frau, die badete. Die Frau war sehr schön anzusehen.
David schickte jemand hin und erkundigte sich nach ihr. Man sagte ihm: Das ist Batseba, die Tochter Ammiëls, die Frau des Hetiters Urija.
Darauf schickte David Boten zu ihr und lieĂź sie holen; sie kam zu ihm, und er schlief mit ihr - sie hatte sich gerade von ihrer Unreinheit gereinigt. Dann kehrte sie in ihr Haus zurĂĽck.
Die Frau war aber schwanger geworden und schickte deshalb zu David und lieĂź ihm mitteilen: Ich bin schwanger.
Sie wurde seine Frau und gebar ihm einen Sohn
Dem Herrn aber missfiel, was David getan hatte.

 

Evangelium: Joh 8, 2-11

 Am frĂĽhen Morgen begab sich Jesus wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte es.
Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte und sagten zu ihm: Meister, diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.
Mose hat uns im Gesetz vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst du?
Mit dieser Frage wollten sie ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber bĂĽckte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
Als sie hartnäckig weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie. Und er bückte sich wieder und schrieb auf die Erde.
Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.
Er richtete sich auf und sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner verurteilt?
Sie antwortete: Keiner, Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sĂĽndige von jetzt an nicht mehr!

 

Predigt

Liebe Gemeinde,

„Die Hochzeit ist das Grab des Lebens.“ –

dieses Sprichwort gibt es in Japan, und manche Frauen dort haben diesen Spruch ganz offensichtlich sehr ernst genommen: Sie wollen ihr Leben wirklich leben und ihre Freiheit behalten.

Und deshalb gibt es in Japan immer mehr „Solo-Hochzeiten“.

„Nippons Töchter  heiraten sich selbst.“ –

vielleicht haben ja manche von Ihnen diesen Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 16. November diesen Jahres auch gelesen. Und wahrscheinlich haben Sie sich auch  – genauso wie ich – ĂĽber folgende Sätze in diesem Zeitungsbericht gewundert:

„Viele junge Japanerinnen meiden feste Bindungen, die im konservativen Japan immer noch oft bedeuten, dass die Frau sich um Haushalt und Ehe kümmert, nach der Ehe den Beruf aufgibt und zu Hause bleibt.“

Und dann weiter:

„Wer solo heiratet, möchte Karriere machen und seine Freiheit behalten. Das sehen offenbar auch die Männer so. Einer jüngsten Umfrage zufolge wollen mehr als 21 % der Japaner in ihren 20er-Jahren partout nicht heiraten.“

( Schwäbische Zeitung, 16.11.2016)

Seit 2014 bietet ein japanisches Reisebüro diese „Solo-Hochzeiten“ an:

Sie dauern 2 Tage, und bis Mai 2017 sind bereits alle Wochenenden ausgebucht: Zeremonie, Limousinenfahrt, Hotel mit Honeymoon-Suite und Hochzeitsmenü – alles im Preis inbegriffen.

So verrückt diese „Solo-Hochzeiten“ beim ersten Hören auch klingen mögen, es steckt für mich eine wirklich ernst zu nehmende Aussage in diesem Zeitungsartikel:

Partnerschaft und Liebe sind ganz offensichtlich in den Köpfen und in den Herzen von Menschen in unserer Zeit keine selbstverständliche Idee mehr, für die es sich zu kämpfen und zu leben lohnt.

„Mensch – Gottes Idee“ – geschaffen als Frau und Mann – füreinander, um miteinander in Liebe zu leben??!!

Ganz offensichtlich suchen und erwarten nicht mehr alle Menschen ihr LebensglĂĽck in einer festen Partnerschaft oder in einer Ehe.

Sie bleiben allein und wollen sich lieber die eigenen Lebensträume erfüllen. Aber Verletzungen und bittere Enttäuschungen in der Partnerschaft oder in der Ehe möchten sie sich lieber ersparen.

Ob wohl Batseba so eine „Solo-Hochzeit“ auch feiern würde, wenn sie heute noch einmal leben könnte??!!

Batseba ist Ihnen im heutigen Lesungstext begegnet:

„Die Frau war sehr schön!“ –

so stellt sie uns der Schreiber des 2. Samuelbuches vor.

Und dann ergänzt er:

„Batseba ist die Tochter Ammiels, die Frau des Hetiters Urija.

Um 1000 v.Chr. hat Batseba gelebt, und in dieser Zeit war es völlig unstrittig, dass die Frauen ihre Bedeutung zuallererst über die Männer bekamen.

Oder anders gesagt:

Frauen waren für die Geschichtsschreibung vor allem deshalb interessant, weil sie die Töchter ihrer Väter und die Frauen ihrer Männer waren. Als Mädchen hatten sie den Willen ihrer Väter zu erfüllen und als Frauen den Willen ihrer Männer. Und deshalb wird Batseba uns im Lesungstext vorgestellt als Tochter des einen Mannes und als Frau des anderen.

Und darüber hinaus scheint diese Batseba auch noch außergewöhnlich schön gewesen zu sein – so faszinierend in ihrer Schönheit, dass sogar der König auf sie aufmerksam wird.

Und wenn vom römischen Feldherrn Caesar gesagt wird, dass er als Krieger „kam, sah und siegte“, dann würde ich vom israelitischen König David – wie er uns im heutigen Lesungstext begegnet – sagen: Er sah, begehrte und nahm sie!

David ist zum Zeitpunkt, als er Batseba begegnet, auf dem Höhepunkt seiner männlichen und seiner politischen Macht:

Er erobert eine Stadt nach der anderen und eine Frau nach der anderen!! Der König ist mit mehr als 10 Frauen und Nebenfrauen verheiratet – und Batseba ist seine letzte Eroberung:

Als David sie nackt sieht, ist Batseba bereits verheiratet  - mit dem Hetiter Urija, den David dann im Krieg umbringen lässt, damit er Batseba heiraten kann.

„Dem Herrn aber missfiel, was David getan hatte.“ –

so kommentiert der Schreiber des Samuelbuches das Verhalten des Königs des Volkes Israel.

David verstößt in der Begegnung mit Batseba gegen die Moralvorstellungen seines Volkes, weil er sich mit seiner ganzen männlichen und mit seiner ganzen politischen Macht nimmt, wen und was er will.

FĂĽr David sind die Frauen wichtig, weil sie einerseits schön und begehrenswert sind, und weil es andererseits fĂĽr ihn - als König -  klug ist, aus möglichst vielen wichtigen Familien in seinem Reich eine Frau  zu heiraten. So kann er seine politische Macht festigen.

Die Bibelwissenschaftlerin Ilse MĂĽllner sagt es so:

„Davids Heiraten sind nicht primär dazu da, um Frauen emotional, sondern um Landstriche und soziale Schichten politisch an ihn zu binden.“

(aus: Feministische Bibelauslegung, Luise Schottroff, Marie-Theres Wacker, Hrsg. 1999, S 121)

Batseba ist demnach geheiratet worden, weil sie schön war und weil sie als Tochter eines Hetiters die Herrschaft Davids in Jerusalem stärkt.

„Mensch – Gottes Idee“  - geschaffen als Frau und Mann – fĂĽreinander, um miteinander in Liebe zu leben??!

Ist das wirklich eine gute Idee unseres Gottes??!!

Ganz offensichtlich ist in dieser Gottes-Idee das GlĂĽck von uns Menschen nicht automatisch inbegriffen.

Ich will mir gar nicht vorstellen, wie glücklich oder wie unglücklich Batseba und die anderen 10 Frauen des Königs waren.

Aber auch David selber hat mit seiner Schuld und mit seinen vielen Frauen ganz sicher nicht nur ein glĂĽckliches Leben gehabt.

Im  1. Buch der Könige wird ĂĽber Batseba erzählt, dass sie sich in späteren Jahren mit Natan, dem Propheten am Königshof, zusammengetan hat, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.

Und sie tut das – meine ich – mit einer ganz typisch weiblichen Methode – mit einer Intrige, mit Machenschaften hinter dem Rücken der Beteiligten:

Batseba erzählt dem inzwischen alt gewordenen David immer und immer wieder, dass sein Sohn Adonija die KönigswĂĽrde schon zu Lebzeiten seines Vaters an sich reiĂźen wolle. Adonija ist der Sohn einer anderen Frau Davids und der rechtmäßige Thronfolger, Bathseba aber will  ihren eigenen Sohn – Salomo – auf dem Thron sitzen sehen.

Und Batseba erreicht ihr Ziel:

David beginnt Adonija zu misstrauen und zu hassen, und schließlich wird Batsebas Sohn Salomo – mit dem Vertrauen seines Vaters David – der Nachfolger Davids und König des Volkes Israel.

„Mensch – Gottes Idee“ – geschaffen als Frau und Mann!

Mit dieser göttlichen Idee ist das GlĂĽck von uns Menschen nicht untrennbar verwoben, und deshalb erleben wir - als seine göttlichen Ideen  - immer wieder auch Eifersucht, Neid, Schuldigwerden, Gewalt und Sterben!

Und dann stellt sie sich wieder - diese Frage, auf die wir Glaubende nur so schwer eine Antwort finden – die Frage:

Warum?

Warum hassen die Menschen? Warum werden sie schuldig?

Warum ist Gottes Idee nicht perfekt?

Es ist – meiner Überzeugung nach - philosophisch ehrlich, wenn ich Ihnen diese Fragen so beantworte:

Wenn wir die Idee unseres Gottes vollkommen durchschauen und begreifen könnten, dann wäre es entweder keine Idee des Göttlichen oder wir Menschen wären wie Gott.

Und deshalb bleibt das „Warum?“ – und es bleibt das Rätseln ĂĽber die Ideen Gottes -  zumindest, solange wir in dieser Welt leben.

„Mensch – du nicht perfekte Idee unseres Gottes – wie wirst du jetzt glücklicher in deinem Leben??

Ich habe im Evangeliumstext, den ich fĂĽr den heutigen 2. Adventssonntag ausgesucht habe,  zwei interessante Ideen entdeckt, wie wir Menschen als Gottes Idee zwar mit Scheitern  und mit Schuld leben mĂĽssen, wie wir aber trotzdem glĂĽcklicher zusammenleben könnten.

In diesem heutigen Johannesevangelium begegnet uns wieder ein Paar:

Eine nach mehreren gescheiterten Ehen unglĂĽckliche Frau und Jesus. In der Begegnung mit diesem faszinierenden Mann  spĂĽrt die Frau, was sich durch seine Liebe in ihr alles verändert:

„Er richtete sie auf!“ –

das ist die erste Idee fĂĽr ein glĂĽcklicheres Zusammenleben, die ich im heutigen Evangelium entdecke:

Nur wer aufrecht steht, begegnet dem anderen Menschen auf Augenhöhe und gleichberechtigt. Nur wer aufrecht steht, kann dem Gegenüber entweder liebevoll in die Augen schauen oder auch ins Angesicht widerstehen. Und ich bin mir sicher:

Wirkliche Liebe hält jeden Kampf auf Augenhöhe aus, bei dem es dann auch keinen Verlierer und keine Verliererin gibt.

„Auch ich verurteile dich nicht!“ –

das ist die andere interessante Idee für das Zusammenleben von uns Menschen, und es ist zugleich der erlösende Satz für die unglückliche Frau, die ihre Schuld genau kennt!

Ohne wirkliches Verzeihen sind wir Menschen – weil wir eben nicht perfekte Ideen unseres Gottes sind – immer wieder unglücklich und gefangen in unserer Schuld.

Statt zu verurteilen, macht es uns Menschen glücklicher, wenn wir einen erlösenden Satz hören oder sagen - alte Verhaltensmuster durchbrechen – wenn wir uns weiterentwickeln dürfen – und die Erfahrung machen, dass es immer einen neuen Anfang gibt.

Das ist die Erfahrung, die Batseba mit Jesus macht.

„Mensch – du bist nicht die perfekte Idee unseres Gottes“ – aber von unserem Gott geliebt -  trotz allem Versagen und in allem UnglĂĽck!

 

Liebe Gemeinde,

ich wĂĽnsche Ihnen allen – nicht nur jetzt, im Advent -  licht-volle und lebens-volle Begegnungen mit anderen Menschen und dass Sie die begrĂĽndete Hoffnung in Ihrem Herzen haben:

Sie sind eine wertvolle und eine liebenswerte Idee unseres Gottes!

Und mit dieser Grundhaltung haben Sie es dann ganz sicher nicht nötig, eine Hochzeit fĂĽr Sie selber zu inszenieren, damit der eigene Egoismus im Brautkleid gefeiert wird.                                                                                                                                   

Amen.

 

© A. Böhm, 2016

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.