Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
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88213 Ravensburg

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Christmette

Lesung: Jes 9, 1-6

Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht; über denen, die im Land der Finsternis wohnen, strahlt ein Licht auf.
Du erregst lauten Jubel und schenkst große Freude. Man freut sich in deiner Nähe, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.
Denn wie am Tag von Midian zerbrichst du das drückende Joch, das Tragholz auf unserer Schulter und den Stock des Treibers.
Jeder Stiefel, der dröhnend daherstampft, jeder Mantel, der mit Blut befleckt ist, wird verbrannt, wird ein Fraß des Feuers.
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens.
Seine Herrschaft ist groß, und der Friede hat kein Ende. Auf dem Thron Davids herrscht er über sein Reich; er festigt und stützt es durch Recht und Gerechtigkeit, jetzt und für alle Zeiten. Der leidenschaftliche Eifer des Herrn der Heere wird das vollbringen.

 

Evangelium: Lk 2,1-14

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen.
Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien.
Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.
So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.
Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete.
Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.
In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.
Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr,  der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll:
Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.
Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.
Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach:
Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.

 

Predigt

Mensch      Gott

Was für ein Titel für eine Predigtreihe?!
Sie haben an den vergangenen vier Adventssonntagen jeweils einen Menschen vorgestellt bekommen, in dem für uns im Pastoralteam jeweils Gott durch diese Person in unsere Welt hinein scheint.
=> Mit Mahatma Gandhi sind wir einem Menschen begegnet, der mit der Macht der Gewaltlosigkeit die Unabhängigkeit Indiens erstritten hat.
=> Rigoberta Menchu hat den Nobelpreis bekommen für ihren Einsatz für Gerechtigkeit in Guatemala.
=> Malala Yousafzai kämpft immer noch für die Rechte der Mädchen in Pakistan und überall auf der Welt, wo Mädchen als minderwertig betrachtet werden und ihnen der Zugang zu Bildung verwehrt wird.
=> Frère Roger Schutz, der Begründer der ökumenischen Bruderschaft von Taizé, hat für sich erkannt, dass die Liebe Gottes in der Versöhnung der Menschen gelebt werden muss. So ist dieses Konzil der Jugend entstanden, wo sich junge Menschen aus aller Herren Länder treffen und sich miteinander austauschen, beten und das Leben feiern.
So hat Gott eine Chance, ins Leben der Menschen zu treten und unsere Welt zu verwandeln.

Mensch       Gott

=> Unsere Predigtreihe ist entstanden aus dem Bedürfnis heraus, in unserer so unheilen Welt irgendwie und irgendwo die Spuren Gottes zu entdecken.
=> Wie viele Menschen wenden sich ab von jeder Form von religiösem Glauben, weil ihnen die Bilder, die da von Gott gemacht werden, nichts (mehr) sagen oder sie diese Bilder sogar abschrecken.
=> Nur noch knapp die Hälfte der Deutschen (41%) wissen noch, dass an Weihnachten die Geburt Jesu gefeiert wird. Und für 1/3 der Deutschen gehört an Weihnachten der Kirchgang zum Fest – irgendwie.

=> Unser Thema war ja so formuliert, dass eine große Offenheit geblieben ist und auch weiterhin bleiben soll.
=> Wer sind die Menschen, durch die heute Gott in unserer Welt am Werk ist – das war unser Ausgangspunkt.
=> Wir haben exemplarisch die Menschen herausgegriffen, die uns in den letzten 100 Jahren eingefallen sind, weil sie in der Weltöffentlichkeit ihren Platz haben.
=> Unsere Kirche versucht das übrigens ebenfalls zu zeigen, dadurch, dass sie immer wieder Menschen heiligspricht.
=> In diesen Heiligen zeigt sich Gott. Da leuchtet die Liebe Gottes im Leben von historischen Menschen auf.

=> Heute sind wir hier beieinander, weil wir die Geburt des Jesus von Nazareth feiern! Allerdings geht es bei diesem Geburtsfest nicht allein um das Kind in der Krippe.
=> Uns geht es um erwachsenen Jesus, der durch seine Lebensleistung, seine Botschaft, seine gelebte Liebe und seine Glaubwürdigkeit, die Welt verändert hat.
=> Die Menschen, die mit ihm unterwegs waren, waren fasziniert von diesem charismatischen Menschen. In ihm haben sie die Nähe Gottes gespürt. Da war Heil und Heilung, da war Liebe und Akzeptanz, da war Leben und Aufatmen.
=> Mit der Geburt dieses Jesus von Nazareth ist eine neue Dimension des Glaubens in unsere Welt gekommen.
=> Es hat über 400 Jahre gebraucht (Chalcedon 451), bis die Bischöfe und Theologen dieses Geheimnis in einen Begriff fassen konnten: 
Wahrer Mensch und wahrer Gott.
=> Diese sog. Zwei-Naturen-Lehre hat die Möglichkeit eröffnet, völlig neu über Gott nachzudenken. Und das geschieht so bis zum heutigen Tag.
=> Auch wir moderne Menschen möchten gerne das Geheimnis Gottes – wenigstens ein bisschen – lüften. Aber je mehr wir uns bemühen, desto mehr verlieren wir uns in den unzähligen Möglichkeiten, die sich auftun, wie Gott zu denken sei.
=> So gesehen ist das Weihnachtsfest mit seinen schönen Bildern von der Geburt eines Kindes, eine wunderbare Möglichkeit, Gott mitten im Leben der Menschen zu verorten.
=> Nichts anderes tun wir hier, wenn wir miteinander Weihnachten feiern. Niemand von uns wird wohl auf die Idee kommen, dieses idyllische Bild vom Kind im Stall mit Maria und Josef, mit der Wahrheit und der Wirklichkeit Gottes zu verwechseln.
=> In jedem Kind, das geboren wird, kommt die Wahrheit dieses unfassbaren Gottes in unsere Welt und gibt einen Funken seines Geheimnisses preis. Aber es wird uns nie möglich sein, Gott in seiner ganzen Dimension zu begreifen.
=> Auch wenn wir hier exemplarische Menschen in den Mittelpunkt unserer Predigtreihe gestellt haben, lüften wir damit letztlich nicht die Wahrheit Gottes.
=> Uns war es ein Anliegen, zu zeigen, dass Gott in vielen Menschen in unsere Welt hinein scheint.
=> Wir haben dafür ganz bewusst neben einer Katholikin und einem evangelischen Christen auch eine Muslima und einen Hindu gewählt, weil Gott sich mit Sicherheit nicht auf eine Religion eingrenzen lässt.

=> Wir Christen feiern an Weihnachten die Geburt des Jesus von Nazareth. In ihm ahnen wir die Wahrheit Gottes, weil nicht einmal sein verbürgter Tod dazu geführt hat, dass die Menschen von ihm nichts mehr wissen wollten.
=> Seit 2000 Jahren verkünden die Christen, dass Jesus von Gott nicht im Tod gelassen worden ist. Er hat ihn auferweckt und damit seine Botschaft bestätigt, dass sein Reich unter uns Menschen schon angebrochen ist.

=> So sind wir jetzt mitten in der Botschaft von Weihnachten. Hier begegnet uns Gott, der seine unbegreifliche Ewigkeit verlassen hat. Er ist Mensch geworden im historischen Jesus von Nazareth.
=> Sein Leben und seine Botschaft sind bis zum heutigen Tag überzeugend.
=> Der große katholische Theologe Karl Rahner hat bei allen seinen gescheiten Überlegungen zur Wirklichkeit Gottes feststellen müssen:

Glauben heißt, die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang auszuhalten. 

Mensch    Gott  

=> Unbegreiflich, spannend, faszinierend, anregend.
Unsere eigenen Überlegungen müssen also weitergehen.
=> Ich wünsche Ihnen allen ein gesegnetes Weihnachtsfest mit vielen guten Gedanken und noch mehr friedvollen Begegnungen im Kreis Ihrer Lieben, weil ja auch da sich Gottesbegegnung ereignet.
Amen.

© R. Hübschle 2015

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.