Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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Weihnachten

Lesung: Jes 52, 7-10

Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.
Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln. Denn sie sehen mit eigenen Augen, wie der Herr nach Zion zurückkehrt.
Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem.
Der Herr macht seinen heiligen Arm frei vor den Augen aller Völker. Alle Enden der Erde sehen das Heil unseres Gottes.

 

Evangelium: Joh 1, 1-5.9-14

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

 

Predigt

Liebe Mitchristen,

ist ihnen das auch schon einmal passiert, dass ihnen ein falsches Wort rausrutscht? Aus Ärger, Wut oder Enttäuschung? Dass sie etwas sagen, vielleicht sogar jemanden anbrüllen mit Worten, die ihnen nachher Leid tun?

Manchmal kann das ja ganz schnell gehen. Die Folgen aber können lang anhalten. Aus meinem Bekanntenkreis kenne ich Menschen, die sich nach so einem Ausrutscher lange Zeit nicht mehr gesprochen haben. Zu sehr hat sie das Wort des anderen getroffen. Zu sehr hat es ihnen zu schaffen gemacht und sie beschäftigt.

Natürlich geht es auch anders herum: Aus meinem Schulalltag weiß ich, wie wichtig es ist, die richtigen Worte zu wählen. Bei einem Feedback kann ich Schüler mit Worten verunsichern und entmutigen. Oder aber durch meine Worte dafür sorgen, dass sie selbst bei Fehlern oder schlechteren Leistungen nicht aufgeben. Sondern motiviert bleiben, an sich glauben und arbeiten.

Worte wirken also. Worte prägen. Worte, können uns manchmal stärker treffen als eine Ohrfeige. Durch Worte, durch Sprache kommunizieren wir und können nach außen mitteilen, was uns innerlich bewegt: Gedanken, Gefühle, Überzeugungen usw.

Wie lebensnotwendig Worte und Sprache sind, hat sich auch auf eindrucksvolle wie furchtbare Weise gezeigt, als Kaiser Friedrich II. herausfinden wollte, welches die Ursprache der Menschen sei. Hierzu hat er einige Neugeborene ihren Müttern weggenommen und sie Ammen übergegeben. Sie sollten die Kinder ernähren und pflegen. Nur eines durften sie nicht: Mit ihnen sprechen und sie liebkosen. Das Ergebnis ist, denke ich, vielen von ihnen bekannt: Die Säuglinge sind ohne Worte und Zuneigung ihrer Ammen verkümmert und schließlich alle gestorben. Ein schreckliches Experiment! Die Ursprache hatte der Kaiser nicht gefunden. Aber den Erweis erbracht, wie lebensnotwendig Sprache und Liebe für die menschliche Entwicklung sind.

 

Liebe Gemeinde,

vielleicht gebraucht Johannes in seinem Evangelium gerade deshalb die „Wort-Symbolik“, weil er darum weiß, welches Lebenspotential in Worten und Sprache liegen. Und wie man dadurch den Menschen erklären kann, was da an Weihnachten Großartiges passiert.

Der sog. Johannesprolog, also dieses erste Kapitel im Johannesevangelium, erzählt nicht einfach, was an Weihnachten nacheinander passiert ist. Es ist vielmehr ein Text, der das Weihnachtsgeschehen interpretiert und seine universale Bedeutung für alle Menschen herausstellt. Dazu greift Johannes tief in die „Philosophie-Kiste“. Denn „Wort“, auf Griechisch “logos“, meint in der antiken Philosophie zunächst einmal das Wissen, das man durch vernünftiges Nachdenken gewinnt. Es bedeutet aber auch „göttliche Kraft“ oder „Urprinzip“, das die ganze Welt durchwirkt und ordnet. 

Bei Johannes ist der Logos, dieses Urwort, engstens mit Gott verbunden, ja wird sogar mit ihm gleichgesetzt. Denn durch dieses Wort ruft Gott alles ins Leben. Das Wort Gottes ist also die Grundlage allen Lebens.

Ein Gedanke, der uns auch mit Juden und Muslimen verbindet. Für Juden ist die Tora, also die 5 Bücher Mose, die sog. „Weisung“ zum Leben. Für Muslime ist der Koran das vollendete Wort Gottes, das Leben stiftet. 

Während aber bei Juden und Muslimen Tora bzw. Koran den Gipfel der Offenbarung darstellen, ist es im christlichen Glauben die Person Jesu. Während bei Juden und Muslimen Propheten die Botschaft Gottes an die Menschen übermitteln, kommt nach christlicher Überzeugung dieses Wort Gottes selbst als Mensch zur Welt.

Genau das meint wohl Johannes, wenn er schreibt: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.“ Für Johannes bekommt der Logos, dieses Lebenswort Gottes ein ganz konkretes Gesicht: Jesus Christus.

 

Liebe Gemeinde,

nun haben wir im Laufe unserer Predigtreihe „Götterkinder-Kinder Gottes“ einige  sog. Göttersöhne  wie z.B. den ägyptischen Pharao oder Kaiser Augustus kennen gelernt. Neu ist die Idee also nicht, dass Gott sozusagen „menschliche Ableger“, Kinder auf Erden hat. Aber völlig neu ist, dass Jesus als Gottes Sohn so ganz anders daher kommt wie die eben genannten. Das fängt mit dem Ort seiner Geburt an: Betlehem in einem ärmlichen Stall. Und eben nicht eine Metropole wie Rom und ein Palast. Das geht weiter mit seiner Mutter: Maria, eine einfache jüdische Frau, verlobt mit einem Handwerker namens Josef. Und eben nicht die Frau eines Pharaos oder eines Kaisers, die damals sicher zur gesellschaftlichen Elite gehörten.  Auch sein Lebenswandel ist völlig anders: hier ein Zimmermannssohn, der mit der Reich-Gottes-Botschaft im Gepäck als Wanderprediger liebend, heilend, lehrend, ermahnend zu den Menschen kommt. Und dort Eroberer und Machthaber, die ihre Pläne v.a. mit dem Schwert durchsetzen. Und schließlich das Lebensende: Jesus, der am Kreuz neben Verbrechern hingerichtet wird; und dort Pharaonen und Kaiser, zu deren Ehren man tagelange Abschiedsfeiern veranstaltet und Pyramiden bzw. Mausoleen errichtet. 

So gesehen, kommt mit Weihnachten eine wirkliche religiöse Zeitenwende. Gott erscheint in einem neuen, ganz anderen Licht: Der große, allmächtige, ewige Gott lässt ich in einem kleinen, hilfsbedürftigen und sterblichen Kind finden.

 

Liebe Mitchristen,

später wird dieses Kind, dieser Jesus Menschen auffordern, sich selbst als Kinder Gottes zu sehen. Und anderen Menschen weiterzusagen, wie wichtig und wertvoll sie in den Augen Gottes sind.

In der Gemeindearbeit begegne ich immer wieder Menschen, die auf ein gutes Wort regelrecht warten. Und vielleicht kennen sie auch Menschen, die einfach nur jemanden brauchen, mit dem sie reden können. Ich denke an die Kranken, die nur noch schwer aus dem Haus kommen. Mir fallen die alten Menschen ein, v.a. auch die in Heimen, die sich über jeden Besuch von Herzen freuen können. Da sind die Trauernden, für die es eine große Erleichterung sein kann, dass Menschen auf sie zugehen und nachfragen, wie es ihnen geht. Und natürlich denke ich in diesen Tagen auch an die Flüchtlinge, für die ein offenes Ohr oder ein gutes Wort manchmal mehr wert sind als materielle oder finanzielle Unterstützung. 

Mit Jesus spricht Gott sein großes JA zu uns Menschen. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest. Amen.

© B. Held, 2014

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.