Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
Ravensburg West
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Weihnachten

Lesung: Jes 52, 7-10

Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung verheißt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König.
Horch, deine Wächter erheben die Stimme, sie beginnen alle zu jubeln. Denn sie sehen mit eigenen Augen, wie der Herr nach Zion zurückkehrt.
Brecht in Jubel aus, jauchzt alle zusammen, ihr Trümmer Jerusalems! Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem.
Der Herr macht seinen heiligen Arm frei vor den Augen aller Völker. Alle Enden der Erde sehen das Heil unseres Gottes.

 

Evangelium: Joh 1, 1-14

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

 

 

Predigt:

Der Himmel schickt uns …. Gottes Wort!!

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott.“

=> Aha – das kennen wir ja schon. Da gibt es wohl nicht mehr viel zu sagen.

=> Zum Johannesprolog haben Sie alle sicher schon ganz viele Predigten gehört. Vielleicht haben Sie sich auch schon selbst Gedanken gemacht, was Sie davon halten.

=> Immer wieder zu Weihnachten werden wir alle ganz plötzlich aus dem Idyll der Heiligen Nacht vertrieben mit diesem anspruchsvollen Text.

„Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott.“

=> Und … was weiß man denn, wenn man das weiß?

=> Ich will noch einmal den Bogen schlagen, den unsere Predigtreihe genommen hat.

=> Die Begegnung des Mose mit Gott am Dornbusch, der brennt und doch nicht verbrennt wird für das ganze Volk Israel zur zentralen Gotteserfahrung. Hier wird geklärt: Gott ist ein Gott der Lebenden und sein Name ist Programm: Ich bin da!

=> Sarah muss lachen, als sie von Gott, in der Gestalt von drei Männern, bei den Eichen von Mamre erfährt, dass sie im hohen Alter noch Mutter werden soll. Lächerlich! Aber es kommt so.

=> Johannes der Täufer ist sich bei Jesus nicht sicher, wer oder was er ist. Der aber weist sich durch seine Taten als der erwartete Messias aus. Zumindest so, wie es die Propheten gesagt haben in den Schriften des Ersten Testaments.

=> Dann war da das Zeichen, das vom Himmel geschickt worden ist, ein Kind! – Wer soll das denn verstehen? Was ist das Besonderes?

=> Und schließlich schickt der Himmel diese Offenbarung, nach der sich die Völker seit vielen Jahrhunderten gesehnt haben: Jesus, das Kind von Betlehem – der Friedensfürst.

=> Jetzt haben wir heute die Chance mit einer weiteren himmlischen Sendung etwas Licht in das Geheimnis Gottes zu bringen: der Himmel schickt uns das Gottes Wort!

=> Das ist aber irgendwie auch nicht wirklich so  spektakulär.

=> … Außer man lässt im eigenen Denken die Ahnung von einer Transzendenz zu.

=> Wer diese Ahnung im Denken zulässt, dass es da etwas geben muss jenseits von den Möglichkeiten, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen können, der ist auch offen für die Botschaft des Johannesprologs.

=> Menschen unterscheiden sich von den Tieren dadurch, dass sie die Möglichkeit haben, abstrakt über das eigene Leben hinaus zu denken.

=> Viele Naturwissenschaftler zeigen das mit äußerst gewagten Theorien zur Entstehung unseres Universums.

=> Es interessiert uns moderne Menschen einfach woher wir kommen und wohin wir gehen.

=> Der Glaube an Gott als den Urheber und Schöpfer des ganzen Universums ist der Versuch, auch noch Antworten zu bekommen auf die letzten Fragen, die bisher unbeantwortet bleiben müssen.

=> Allerdings dürfen diese Antworten heutzutage nicht einfach und platt daher kommen.

=> Fromme Bekenntnisse allein helfen nicht, um noch den Nährboden zu haben für einen lebendigen Glauben.

=> Eher gilt es in unserer modernen Welt den Glauben mitten im Leben der Menschen zu verorten.

=> Und schon sind wir wieder mitten in unserem Johannesprolog wo es heißt:

„Alles ist durch das Wort geworden, und ohne das Wort wurde nichts was geworden ist. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen.“

=> So also stellt sich der Verfasser des Johannesprologs Transzendenz vor. Hier werden gewohnte Kategorien einfach überstiegen.

=> Das Wort, also Sprache, ist die gestalterische Kraft Gottes. Mit dieser Energie sind aber nur die Menschen allein begabt. Und … sie können mit Sprache auch über sich hinaus fragen.

=> An Weihnachten wird uns also auf eine völlig neue Art und Weise deutlich gemacht, mit welchem Gott wir es zu tun haben.

=> Der Satz vom „menschgewordenen Sohn Gottes“ geht leicht über die Lippen, aber dahinter steht ein ungeheuerliches Prinzip des Lebens.

=> Gott darf mitten in das Leben der Menschen hinein gedacht werden!!

=> Damit wird allen Bildern von Gott eine Absage erteilt, die ihn als „von außen“ betrachten.

=> Das Christentum hat im Laufe seiner Geschichte eine Sichtweise von Gott entwickelt, die die anderen beiden monotheistischen Religionen, das Judentum und den Islam, nur den Kopf schütteln lassen.

=> Wie kann ein Mensch es wagen, sich Gott so menschlich zu denken!!

Das ist der große Vorwurf an das Christentum. 

"Allahu akbar – Gott ist groß!", lautet der Gebetsruf der Muslime fünfmal am Tag.

Im Psalm 95 heißt es: „… der Herr ist ein großer Gott, ein großer König über allen Göttern“.

=> Juden, Christen, Muslime und Gläubige anderer Religionen sind sich darin einig, dass Gott groß ist und dass der Mensch von Gott nie groß genug denken kann.

=> „Deus semper maior“ – „Gott ist immer noch größer“ war die Lehre und die Überzeugung des Mittelalters!

=> Das Staunen vor der Unfassbarkeit Gottes gehört zum Kern jeder Religion.

=> Weil Menschen in der Lage sind, über sich hinaus zu denken, gibt es aber auch die andere Perspektive. Da ist Gott im Denken absolut unerreichbar.

=> "Man kann von Gott eigentlich nichts wissen",

behaupten die Agnostiker und manche von ihnen sind stolz darauf. Sie meinen, dass sie damit über jede Form von Glauben erhaben sind.

Wenn eine sinnvolle Kommunikation mit Gott nicht möglich ist, sagen sie, dann muss man sich von Gott auch nichts mehr sagen lassen. Er wird in allen Ehren aus dem Leben "wegrationalisiert".

=> Damit sind alle, die an Gott glauben in ihren Augen irregeleitet.

Denkende Menschen unterschiedlicher Auffassungen fragen sich also: wer oder was ist Gott.

=> Im Johannesprolog hören wir, dass im Wort (Gottes) das Leben ist und dieses Leben ist das Licht der Menschen.

=> Im Wort, das Gott in die Welt gesprochen hat, wird das Leben der Menschen hell mit Erkenntnis. Das ist die Kommunikation mit dem Göttlichen.

=> Die österreichische Dichterin Christine Lavant hat dazu folgende Frage formuliert, die sie bewegt hat in diesem Zusammenhang:

"Ich weiß nicht, ob der Himmel niederkniet,
wenn man zu schwach ist, um hinauf zu kommen?"

Wo ist der Himmel? Wer oder was ist der Himmel?

=> Ja, tatsächlich, wir Christen glauben an diesen Kniefall des Himmels. Knien ist so für uns Christen keine Geste der Unterwerfung sondern eine Eigenschaft Gottes!!!

Das feiern wir an Weihnachten.

Der Himmel, ja der unbegreifliche Gott selbst, kommt im Kind von Betlehem, in seinem Wort, zu uns.

=> Im 2. Jahrhundert verspottet der heidnische Philosoph Kelsos die Christen:

"Ihr habt einen Gott, der in die Windel macht",

Ja, … und er hat Recht!

=> Lukas lässt den Hirten durch den Engel dieses Erkennungszeichen mitteilen:

"Das soll euch als Zeichen dienen:
Ihr werdet ein Kind finden, das in Windeln gewickelt ist ..." (Lk 2,12).

=> Gott in Windeln - das ist das Bekenntnis der Christen, das jetzt zu Weihnachten mit großer Begeisterung von so vielen Menschen gefeiert wird!

=> Der ewige Gott, ist groß genug, um in Jesus so klein und hilflos zu werden, dass ihm nichts Menschliches mehr fremd ist. Ein absolut gewagter Gedanke!

=> Er kann so nicht von Juden und nicht von Muslimen gedacht werden.

=> Aber für uns hat er die Konsequenz, dass wir unserem Gott ganz nahe kommen können.

=> Wir begegnen ihm in seinem Wort, in unserer Sprache, die uns die Möglichkeit gibt, über uns hinaus zu denken.

=> Und wir begegnen ihm im alltäglichen Leben, das er mit seinem Wort hell macht.

=> Haben Sie es gemerkt?

Der Himmel schickt uns immer wieder neue Ideen und Zugänge, über Gott und die Welt nachzudenken.

=> Ich wünsche Ihnen allen von ganzem Herzen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Amen.

© R. Hübschle 2013

 

Hier finden Sie die Predigt im pdf-Format.