Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
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3. Advent

Lesung: Jes 35, 1-6a.10

Die Wüste und das trockene Land sollen sich freuen, die Steppe soll jubeln und blühen. Sie soll prächtig blühen wie eine Lilie, jubeln soll sie, jubeln und jauchzen. Die Herrlichkeit des Libanon wird ihr geschenkt, die Pracht des Karmel und der Ebene Scharon. Man wird die Herrlichkeit des Herrn sehen, die Pracht unseres Gottes.
Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest!
Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! Die Rache Gottes wird kommen und seine Vergeltung; er selbst wird kommen und euch erretten.
Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, auch die Ohren der Tauben sind wieder offen.
Dann springt der Lahme wie ein Hirsch, die Zunge des Stummen jauchzt auf.
Die vom Herrn Befreiten kehren zurück und kommen voll Jubel nach Zion. Ewige Freude ruht auf ihren Häuptern. Wonne und Freude stellen sich ein, Kummer und Seufzen entfliehen.

 

Evangelium: Mt 11, 2-11

In jenen Tagen hörte Johannes im Gefängnis von den Taten Christi. Da schickte er seine Jünger zu ihm und ließ ihn fragen: Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?
Jesus antwortete ihnen: Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht:
Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und den Armen wird das Evangelium verkündet.
Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.
Als sie gegangen waren, begann Jesus zu der Menge über Johannes zu reden; er sagte: Was habt ihr denn sehen wollen, als ihr in die Wüste hinausgegangen seid? Ein Schilfrohr, das im Wind schwankt?
Oder was habt ihr sehen wollen, als ihr hinausgegangen seid? Einen Mann in feiner Kleidung? Leute, die fein gekleidet sind, findet man in den Palästen der Könige.
Oder wozu seid ihr hinausgegangen? Um einen Propheten zu sehen? Ja, ich sage euch: Ihr habt sogar mehr gesehen als einen Propheten.
Er ist der, von dem es in der Schrift heißt: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen.
Amen, das sage ich euch: Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer; doch der Kleinste im Himmelreich ist größer als er.

 

Predigt

Liebe Mitchristen/innen,

haben sie schon einmal alle Karten in ihrem Geldbeutel gezählt? Ich habe mal bei mir nachgeschaut und folgendes entdeckt: Da gibt es  meinen Ausweis, meine Bankkarte, meine Krankenkassenkarte; außerdem meinen Führerschein, meine Treuepunktekarte, meinen Blutspendepass und einen Bibliotheksausweis.

Ausweise, Nachweise, Dokumente – ohne sie wäre das alltägliche Leben hierzulande gar nicht mehr denkbar. Und ganz zu schweigen von unseren Passwörtern, Email- und Socialmedia-Adressen im Internet, den PINs und TANs beim Online-Banking oder - jetzt ganz neu ab 2014 - die SEPA-Bank-Nummern, die helfen sollen, aus Europa einen einheitlichen Zahlungsraum zu machen.

Mir geht es mittlerweile so, dass ich meine ganzen persönlichen Daten aufschreiben muss, damit ich sie nicht durcheinander bringe oder gar etwas vergesse. Und trotzdem: Hier bei uns ist das die Art, sich auszuweisen, zu zeigen, wer man ist und teilzuhaben am gesellschaftlichen Leben.

Welche Rolle diese persönlichen Dokumente für den Alltag haben können, das habe ich einmal hautnah in Rom miterlebt. Ich bin mit der U-Bahn gefahren. Hinter mir hat eine Touristin plötzlich angefangen, heftig zu weinen: Sie hat bemerkt, dass ihr jemand in der U-Bahn heimlich den Geldbeutel geklaut hat: Ausweis, Reisepass, Bankkarte und natürlich auch das Geld… alles weg. Und das Ganze auch noch in einem fremden Land, wo man sich nicht auskennt, wo man sich ausweisen muss und wo man sich u.U. nur schwer verständigen kann.

Liebe Gemeinde,

zu zeigen, wer man ist, das ist nicht nur wichtig für Behörden oder die Polizei. Das, worum es letztlich geht, ist eine Identität zu haben. Eine Identität - das heißt, zu wissen, wer man ist, wo man hingehört. Eine Identität zu haben, das gibt Gewissheit und Sicherheit im Umgang mit anderen.

Im heutigen Evangelium, da geht es auch um Identität und Gewissheit. Johannes der Täufer lässt über seine Anhänger Jesus fragen: Bist du der der kommen soll, oder müssen wir auf einen anderen warten? Im Klartext: Jesus, weise dich aus, damit wir wissen, woran wir bei dir sind. Im Israel zur Zeit Jesu haben viele Juden darauf gehofft, dass einer kommt, der sie befreit von der römischen Herrschaft. Einer, der Israel zu neuem Glanz und zu neuer Einheit verhilft. Ein Messias, ein Heilsbringer eben, so wie er im AT verheißen wird. Von Gott gesandt und ermächtigt, alles gut zu machen. Viele Zeitgenossen des Täufers haben an einen politischen Messias gedacht. Also an eine Art „zweiten David“, der mit staatsmännischem Geschick und mit militärischer Schlagkraft die Feinde Israels zurückdrängt und ein neues jüdisches Reich gründet.

 

Jesus - er weist sich aus. Aber wahrscheinlich anders, als viele es erwarten: Nicht, indem er beteuert, wer oder was er denn nun sei. Er lässt seine Werke für sich reden. Sein Ausweis ist äußerst „lebendig“ und lässt staunen: es sind die Blinden, die jetzt wieder sehen; die Lahmen, die wieder laufen; die Aussätzigen, die heil geworden sind; die Tauben, die hören können; die Totgeglaubten, die wieder „zurückgefunden“ haben ins Leben.  Jesu „Ausweis“ ist keine Münze, keine Tonscherbe - so wie manche sich damals ausgewiesen haben. Sondern es ist die Wirklichkeit des Reiches Gottes, die hineinleuchtet in die Dunkelheit und Verzweiflung der Menschen.

Liebe Brüder und Schwestern im Glauben,

Jesus weist aber nicht nur sich selber aus. Er legt auch Zeugnis ab von dem, der jetzt für die Sache Gottes im Gefängnis sitzt. Über ihn sagt Jesus: „Unter allen Menschen hat es keinen größeren gegeben als Johannes den Täufer“.

Immer, wenn ich diese Stelle lese, dann stock‘ ich innerlich ein wenig:

Wer oder was muss das sein, wenn Jesus höchstpersönlich so von jemandem spricht?

Dabei würde Johannes von außen gesehen wahrscheinlich eher jämmerlich wirken: Kleider aus Kamelhaaren; Heuschrecken und wilder Honig als Nahrung; Wüste, Totes Meer und Jordan als Wirkungsort. Und jetzt sitzt er unter König Herodes Antipas auch noch im Gefängnis in der Festung Machärus.

Aber eben genau dieser Mensch ist es, vom dem Jesus sich den Weg bahnen lässt. Von dem er sagt, er sei mehr als ein Prophet.

Soweit wir aus der Bibel erfahren, gibt es bei Johannes und Jesus viele Parallelen in ihrem Wirken. Beide sind Wanderprediger. Beide haben Jünger. Beide rufen die Menschen zur Umkehr. Beide sind überzeugt, dass Gottes Reich kommen wird. Beide machen sich immer wieder Feinde, weil sie sich nicht verbiegen und gerade heraus sagen, was sie gut und schlecht finden. Und beide sind bereit, für ihre Mission Spott und Verfolgung zu ertragen, ja sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

Jesus und Johannes – zwei Seelenverwandte durch und durch. Jesus wird sich von Johannes sogar taufen lassen. Und trotzdem ist für Johannes immer klar, dass er nur vorbereitet, was Jesus weiter machen und schließlich zu Ende bringen wird. Oder wie er im Johannesevangelium einmal über sich und Jesus sagt: „Er muss wachsen, ich aber muss kleiner werden.“

 â€žDer Himmel schickt uns…“ – heißt unsere Predigtreihe im Advent. Heute also Johannes, der Täufer. (Hinweis auf Kerze und wachsende Krippe) Sein Leben und Wirken können wir nur begreifen, wenn wir seine enge Verbindung zu Jesus sehen.

Liebe Gemeinde,

manchmal frage ich mich, wie der Täufer wohl heute auftreten würde. Würde er heute in Kiew auf der Straße stehen und sich für Demokratie stark machen? Würde er sich wie der kürzlich verstorbene Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela für die Gleichberechtigung aller im Staat einsetzen? Würde er in unserer Wohlstands-gesellschaft schreien für die Armen, Kranken und Vergessenen? Würde er poltern gegen eine Lebenseinstellung, in der vielerorts Geld und Konsum zu Götzen geworden sind? Und Gott und Glaube zur unwichtigen Privat- und Nebensache abgetan werden? Eine Antwort auf diese Frage möchte ich Ihnen selber überlassen.

Liebe Mitchristen,

am Anfang war die Rede von „Ausweisen“. Ich glaube, Johannes, hat recht, wenn er behauptet, dass das beste Zeichen für unsere Gesinnung das eigene, gute Lebensbeispiel ist. Oder um im Bild zu bleiben: es gibt keinen besseren „Ausweis“, kein klareres Erkennungszeichen für uns Christen, als unseren Alltag zu leben aus dem Geist und der Liebe Jesu.

Amen.

© B. Held, 2013

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.