Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

Pfarrbüro der Seelsorgeeinheit
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Weihnachten: "Gott zeigt sich, wenn die Menschen liebevoll miteinander umgehen"

Lesung: Hebräer 1, 1-6

Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn, den er zum Erben des Alls eingesetzt und durch den er auch die Welt erschaffen hat; er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit und das Abbild seines Wesens; er trägt das All durch sein machtvolles Wort, hat die Reinigung von den Sünden bewirkt und sich dann zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt; er ist um so viel erhabener geworden als die Engel, wie der Name, den er geerbt hat, ihren Namen überragt.
Denn zu welchem Engel hat er jemals gesagt: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt, und weiter: Ich will für ihn Vater sein, und er wird für mich Sohn sein?
Wenn er aber den Erstgeborenen wieder in die Welt einführt, sagt er: Alle Engel Gottes sollen sich vor ihm niederwerfen.

 

Evangelium: Joh 1, 1-5.9-14

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Im Anfang war es bei Gott.
Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst.
Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.
Er war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht.
Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, allen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches, nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

 

Predigt:

Liebe Mitchristen,

=> vier Sonntage lang haben wir uns hier immer wieder die Frage gestellt, wie „Gott“ in unserer hochmodernen Welt zu denken ist, die von so vielen verschiedenen Welten durchdrungen wird, in denen wir als Menschen ganz selbstverständlich leben und uns zurechtfinden müssen.

[hier in Dreifaltigkeit können Sie die Welten auch noch einmal sehen in unserer gewachsenen Krippe]

=> Die Welt der Naturwissenschaft, die Welt des Show-buiss und der Stars, die Welt der Wirtschaft, die Welt der Kunst, die Welt der Träume, die Welt der Wunder und heute nun die Welt der Sprache.

=> Gesprochene Sprache und Körpersprache sind die beiden wichtigsten Komponenten, wenn es um Kommunikation geht. Menschen verständigen sich mit Sprache und können doch nicht immer sicher sein, dass das was sie gerade sagen und auch meinen beim Adressaten auch so ankommt. Da gibt es unendlich viele Möglichkeiten für Missverständnisse. Das kennen Sie sicher aus eigener Erfahrung.

=> Die beiden Texte, die heute die Grundlage sind für meine Überlegungen, befassen sich beide mit diesem Instrument der zwischenmenschlichen Verständigung.

=> Im Hebräerbrief spricht Gott durch Propheten und den Sohn, im Johannesevangelium wird das Wort Gottes „Fleisch“ und so spricht dann Gott zu den Menschen.

=> Gott drückt sich also aus in der Sprache. An diesem Punkt sind sich die drei großen Buchreligionen, das Judentum, das Christentum und der Islam sehr nahe.

=> Das Fundament dieser drei Weltreligionen ist jeweils ein Buch.  Das ist die hebräische Bibel, die wir unter dem Begriff „Altes Testament“ kennen, das sind dann die beiden Testamente das „Alte“ und das „Neue“ und das ist der Koran.

=> Alle drei Weltreligionen verehren Abraham als ihren Stammvater. Zu ihm hat Gott gesprochen. Abraham hat gehört und ist weggezogen aus dem Land der Väter, um das Land zu finden, das ihm Gott verheißen hat.

=> Was da dann alles passiert ist im Laufe der Geschichte dieses Volkes, das ist in der hebräischen Bibel aufgeschrieben. Das Neue Testament und der Koran bauen auf diesen Erfahrungen des Volkes Israel auf und zeichnen jeweils ein Bild von Gott.

=> Das Christentum ist allerdings nur bedingt eine "Buchreligion", denn die Grundlage unseres Glaubens ist nicht ein Buch, sondern der historische Jesus von Nazareth. Das ist, nach allem was wir heute wissen können, eine geschichtliche Person. Von ihm sagen seine Anhänger, dass er das lebendige Gottes Wort in unserer Welt gewesen sei.

=> Was da im „Neuen Testament“ gesammelt worden ist, das war die Botschaft, die Jesus den Menschen gesagt hat. Es war die Botschaft Gottes, dass die Menschen zur Freiheit befreit sind.

=> Insofern ist das Christentum keine Buchreligion, weil sich in einem Buch festgefügte Sätze finden lassen, ausformulierte Lehren und ewige Prinzipien. An diesen Prinzipien werden dann die Menschen gemessen und beurteilt. Und nicht selten stehen sie dann am Ende über dem Menschen und die eigentliche Botschaft ist dann verblasst.

=> So ein festgeschriebenes Buch kann sehr unmenschlich, sehr unbarmherzig sein. Auch das haben viele Menschen durch die gesamte Geschichte hindurch immer wieder erleiden müssen.

=> Aber wenn wir heute darüber nachdenken, wie wir Gott in unserer Welt zur Sprache bringen können, dann dürfen wir nicht vergessen, dass unser Fundament eben Jesus, der Christus ist. Er ist der Maßstab für unser Verhalten.

=> Der erste, der im Neuen Testament vom Evangelium spricht, ist Paulus in seinen Briefen. Vor ihm hat es kaum schriftliche Zeugnisse gegeben. Und die Evangelien werden erst etwa zwanzig oder dreißig Jahre später geschrieben.

=> Bei uns Christen geht es also nicht in erster Linie um ein Buch, das man ins Regal stellen kann und das man dann besitzt.

=> Die Grundlage unseres Glaubens ist nämlich das Wort Gottes, das in Jesus Mensch geworden ist. Wir sind eine "Wortreligion" - und das ist ein bedeutender Unterschied.

=> Ein Wort wird gesprochen, auf einen anderen hin. Der soll es hören und verstehen. Er soll es dann in seiner Situation aufnehmen, begreifen und reagieren können.

=> Ein Wort ist immer etwas Lebendiges. Es will immer wieder neu gesagt - und vor allem - es will immer wieder neu verstanden werden.

=> Im Anfang war nicht das Buch. Im Anfang war das Wort, Gottes Wort.  Von Gott geht es aus.  Durch das Wort Gottes ist die Welt geschaffen worden. In Jesus Christus ist das Wort Mensch geworden. So ist Gott nun mitten unter den Menschen. So ist Gott uns zugesagt.

=> Mit dieser Botschaft werden wir immer zu Weihnachten konfrontiert.

=> Das ist das Fundament des Christentums, die eigentliche Weihnachtsbotschaft.

=> Diese Weihnachtsbotschaft hat aber Konsequenzen.

=> Das gesprochene Wort, unsere Sprache, ist sehr lebendig. So lebendig muss auch dieses Wort Gottes verstanden werden. So lebendig ist nämlich auch unser Glaube. Er ist nie statisch, nie zementiert für ewige Zeiten.

=> Glaube muss täglich neu gelebt, erlebt und bezeugt werden. Die Schwierigkeiten zeigen sich besonders in der Glaubensvermittlung. Wie soll das gehen, wenn wir Kindern und Jugendlichen mit immer den gleichen alten Worten versuchen, die Wirklichkeit Gottes zu sagen.

=> Wir leben in einer Medienwelt, die mit rasender Geschwindigkeit Nachrichten um den ganzen Erdball schicken kann. Und es scheint nicht besonders interessant zu sein, dass da an Weihnachten das „Wort Gottes“ Mensch geworden ist.

=> Die Revolution im Gottesverständnis, die sich da in den Zeugnissen des Neuen Testaments ausdrückt, kommt heute kaum mehr bei den jungen Leuten an.

=> Eine veränderte Situation braucht eine veränderte Sprache, damit die Botschaft überhaupt noch verstanden werden kann.

=> Von einer unveränderlichen, einer unwandelbaren Kirche oder Liturgie, kann deshalb nie die Rede sein. Immer wieder muss sie erneuert werden.

=> Und sie muss die Menschen im Blick haben. Gottes Wort ist nämlich Mensch geworden.

=> Das ist der Maßstab für uns Christinnen und Christen. Es geht nicht um das Festhalten an alten Prinzipien, Dogmen und Traditionen, sondern es geht darum, dass wir uns an diesem menschgewordenen Wort Gottes orientieren.

=> Gott selbst hat gezeigt, dass sein Wort menschlich, gütig, barmherzig, mitfühlend und verständnisvoll ist. In Jesus Christus, in seinem Beispiel und durch seinen Geist lebt es mitten unter uns Menschen.

=> Aufsagen von Lehrsätzen oder Auswendiglernen von Katechismusantworten ist keine Nachfolge Jesu.

=> Jesus nachfolgen heißt, sein Beispiel in das eigene Leben zu übersetzen. Das bedeutet, dass sich Christinnen und Christen jeden Tag neu, von diesem Wort treffen lassen. Und das tun sie auch, weil ihnen dieses Wort täglich begegnet.

=> In jedem Menschen, tritt ihnen der menschgewordene Sohn Gottes gegenüber. Die Botschaft wird also lebendig im täglichen Leben.

=> Und wie Gott heute zu den Menschen sprechen kann, das will ich Ihnen mit einer kleinen Weihnachtsgeschichte in Ihren Festtag mitgeben, damit die Ãœberlegungen nicht so theoretisch bleiben:

=> Eine Mutter hat ihr Kind am Abend zu Bett gebracht. Und dabei hat sie zu ihrer Tochter gesagt, sie brauche keine Angst zu haben, denn Gott wacht über sie und er passt auf sie auf.

Mitten in der Nacht aber, ist das Mädchen dann aufgewacht. Es hat sich ins Elternschlafzimmer geschlichen und ist ins Bett der Mutter gekrabbelt.

"Ich weiß", hat es zur Mama gesagt, "ich weiß, dass Gott auf mich aufpasst. Aber in Deinen Armen sagt er es viel lauter zu mir!"

=> Ich wünsche Ihnen allen, dass Ihnen in den Armen eines geliebten Menschen Gottes Wort ganz laut wird, der Ihnen sagt: ich liebe dich.

Frohe Weihnachten. Amen.

© R. Hübschle 2012

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.