Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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4. Advent: Josef

Lesung: 1 Makk 2,19-22

Der Jude Mattatias aber antwortete mit lauter Stimme:
Auch wenn alle Völker im Reich des Königs gehorchen und jedes von der Religion seiner Väter abfällt und sich für seine Anordnungen entscheidet –
ich, meine Söhne und meine Verwandten bleiben beim Bund unserer Väter.
Der Himmel bewahre uns davor, das Gesetz und seine Vorschriften zu verlassen.
Wir gehorchen den Befehlen des Königs nicht
und wir weichen weder nach rechts noch nach links von unserer Religion ab.

 

Evangelium: Mt 1,18-24

Mit der Geburt Jesu Christi war es so:
Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt;
noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete - durch das Wirken des Heiligen Geistes.
Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen. Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte:
Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.
Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.
Dies alles ist geschehen, damit sich erfüllte, was der Herr durch den Propheten gesagt hat:

Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, /
einen Sohn wird sie gebären, /
und man wird ihm den Namen Immanuel geben, /
das heißt übersetzt: Gott ist mit uns.

Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

 

Predigt:

Liebe Brüder und Schwestern im Glauben,

manchmal kommt im Leben alles anders als man denkt. Besonders deutlich ist mir das im Studium geworden. Da kannte ich Kommilitonen, die mit dem festen Entschluss angetreten sind, Priester zu werden. Und dann im Laufe der Zeit für sich erkennen mussten, dass sie nicht für ein Leben in  Ehelosigkeit berufen sind. Da bin ich Studenten an der Musikhochschule begegnet, die Feuer und Flamme gewesen sind für ihr Instrument und später damit ihr Geld verdienen wollten. Dann aber mussten sie einsehen, dass sie körperlich oder psychisch dem Druck dieses Studiums und dieses Berufes nicht gewachsen sind. Ich könnte noch weitere Beispiele aufzählen.

Manchmal können Ereignisse, können Einsichten oder Begegnungen mit anderen Menschen unsere Lebenspläne durcheinander bringen. Im ersten Augenblick macht das vielen Angst und kann sehr schmerzhaft sein. Auf längere Sicht gesehen aber, ist nicht jede Kurskorrektur im Leben nur negativ zu sehen. Manchmal werden darin die Weichen zu etwas Neuem gestellt, das im ersten Moment noch gar nicht absehbar ist, sich später aber als sinnvoll und richtig erweist.

Im heutigen Evangelium muss es Josef wohl so gegangen sein. Ein Mann jüdischen Glaubens, Zimmermann von Beruf, der endlich eine Familie gründen möchte. So wie fast alle Männer der damaligen Zeit. Und zunächst scheint alles so zu laufen wie geplant. Mit Maria hat Josef seine Frau gefunden und ist mit ihr bereits verlobt. Doch dann kommt alles ganz anders. Maria ist schwanger, noch bevor sie mit Josef zusammengekommen war. In damaliger Zeit ein Skandal, für Josef das scheinbare Ende seiner Heirats- und Familienpläne und für Maria das mögliche Todesurteil durch Steinigung nach dem Gesetz des Mose. Auf einmal ist nichts mehr wie es war. Josef fasst einen Entschluss: Maria verschonen und sich heimlich trennen.

Doch wieder kommt es anders. Gott lässt ihn bei seinem Nachdenken nicht alleine. Im Traum hilft ihm ein Engel, Halt in dieser verworrenen Lage zu finden und Sinn in dem zu entdecken, was gerade passiert. In seiner Offenheit Gott gegenüber, beginnt Josef sein Leben langsam zu verstehen und erkennt, dass Gott an seiner Verlobten auf wunderbare Weise gehandelt hat. Plötzlich sind sie wieder da, die Familienpläne, nur auf ganz andere Weise. Josef und Maria haben Gott hautnah erfahren. In ihrem Alltag haben sie Gott neu und in einer noch unbekannten Weise erlebt. In ihrem Glauben ist Gott im Werden. 

 

Liebe Mitchristen,

Treue und Offenheit Gott gegenüber – so lässt sich die Haltung Josefs, der vorletzten Person in unserer matthäischen Stammbaum-Reihe beschreiben.

Eine Treue, die auch dann bestehen bleibt, wenn es schwierig wird im Leben.

Genauso wie bei Mattatias, dem jüdischen Priester aus der 1. Lesung. Auch er will Gott die Treue halten – trotz aller Widerstände, mit denen er im 2. Jahrhundert v. C. in Israel kämpfen muss. Da sind zum einen viele seiner Glaubensgenossen, die ihre Religion vernachlässigen. Und da ist zum anderen der Druck der griechischen Fremdherrscher, die plündern, die Heiligen Schriften vernichten, den Zeus-Kult einführen, das jüdische Glaubensleben verbieten und so Israels Religion ins Mark treffen. Schließlich ist auch die alte jüdische Ãœberzeugung  - wenn du Gutes tust und glaubst, wird Gott es dir auch im Leben gut gehen lassen – angesichts der Lage mehr als fragwürdig geworden.

Mattatias ist dennoch davon überzeugt, dass etwas Neues werden kann; dass Gott sich von Neuem zu erkennen gibt. So weicht Mattatias weder rechts noch links von seiner Religion ab, wie es in der Lesung heißt. Seine Söhne werden sogar Krieg führen, um sich zu befreien und Gott die Treue zu halten. Für ihre Unnachgiebigkeit, für ihre Treue und ihre Bereitschaft notfalls das Leben zu geben, haben Mattatias und seine Söhne später den Beinamen Makkabäus bekommen, also auf deutsch „die Hammer“ oder „die Hämmerer“. Am Ende aller Anstrengungen erhält Israel später wieder das Recht auf freie Religionsausübung.

Liebe Brüder und Schwestern im Glauben,

ob Mattatias oder Josef - in ihrem Leben kommt es anders, als sie es sich denken. Und ihre bisherigen Glaubensvorstellungen können das Leben in seiner Vielfältigkeit und Widersprüchlichkeit nicht mehr recht deuten. Dennoch bleiben sie gläubig; sie tuen und können das, weil sie Gott in ihrem Leben „werden“ lassen. Sie sind offen dafür, dass Gott mit ihnen neue Wege geht. Sie widerstehen der Meinung, schon alles von und über Gott zu wissen. Ihr Glaube bleibt beweglich, ein offener Weg wie das Leben.

Liebe Mitchristen,

die Adventszeit ist eine passende Einladung, sich diesem „Gott im Werden“ zu öffnen und ihn zu entdecken im eigenen Leben. Z.B. in meinen Mitmenschen und meinen Beziehungen. Z.B. in meiner täglichen Arbeit oder in der Schule.  Vielleicht auch dort, wo es dunkel ist in meinem Leben: im Alltagsstress, im zwischenmenschlichen Streit, in Verletzungen und Enttäuschungen.

Und auch für den eigenen Glauben als Christ und Christin, für das persönliche Beten und Sinnsuchen im Alltag,  kann diese Vorstellung vom „Gott im Werden“ belebend und befreiend sein.

Amen.

© B. Held, 2011

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.