Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

PfarrbĂĽro der Seelsorgeeinheit
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4. Advent: "Hören"

Lesung: 1 Sam 3, 1-10.19-20

Der junge Samuel versah den Dienst des Herrn unter der Aufsicht Elis. In jenen Tagen waren Worte des Herrn selten; Visionen waren nicht häufig.
Eines Tages geschah es: Eli schlief auf seinem Platz; seine Augen waren schwach geworden und er konnte nicht mehr sehen.
Die Lampe Gottes war noch nicht erloschen und Samuel schlief im Tempel des Herrn, wo die Lade Gottes stand.
Da rief der Herr den Samuel und Samuel antwortete: Hier bin ich.
Dann lief er zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen! Da ging er und legte sich wieder schlafen.
Der Herr rief noch einmal: Samuel! Samuel stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Eli erwiderte: Ich habe dich nicht gerufen, mein Sohn. Geh wieder schlafen!
Samuel kannte den Herrn noch nicht und das Wort des Herrn war ihm noch nicht offenbart worden.
Da rief der Herr den Samuel wieder, zum dritten Mal. Er stand auf und ging zu Eli und sagte: Hier bin ich, du hast mich gerufen. Da merkte Eli, dass der Herr den Knaben gerufen hatte.
Eli sagte zu Samuel: Geh, leg dich schlafen! Wenn er dich (wieder) ruft, dann antworte: Rede, Herr; denn dein Diener hört. Samuel ging und legte sich an seinem Platz nieder.
Da kam der Herr, trat (zu ihm) heran und rief wie die vorigen Male: Samuel, Samuel! Und Samuel antwortete: Rede, denn dein Diener hört.
Samuel wuchs heran und der Herr war mit ihm und lieĂź keines von seinen Worten unerfĂĽllt.
Ganz Israel von Dan bis Beerscheba erkannte, dass Samuel als Prophet des Herrn beglaubigt war.
EinheitsĂĽbersetzung)

 

Evangelium: Matthäus 25, 1-13

Dann wird es mit dem Himmelreich sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen.
Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.
Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die klugen aber nahmen außer den Lampen noch Öl in Krügen mit.
Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein.
Mitten in der Nacht aber hörte man plötzlich laute Rufe: Der Bräutigam kommt! Geht ihm entgegen!
Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht.
Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus.
Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es weder für uns noch für euch; geht doch zu den Händlern und kauft, was ihr braucht.
Während sie noch unterwegs waren, um das Öl zu kaufen, kam der Bräutigam; die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen.
Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf!
Er aber antwortete ihnen: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde. (EinheitsĂĽbersetzung)

 

Predigt:

Liebe Gemeinde!Ich weiß nicht wie es Ihnen geht – mir jedenfalls geht das Lied, das wir gerade eben gesungen haben, immer unter die Haut:

„Wachet auf, ruft uns die Stimme…“

Wir singen es oft in der Adventszeit – und die meisten hoffentlich auch gerne. Der Text bezieht sich auf die Geschichte Jesu mit den zehn Jungfrauen, die nachts auf den Bräutigam warten. Eben haben wir’s im Evangelium gehört.
Einige davon waren töricht – so sagt Jesus – denn sie hatten keinen Öl-Vorrat dabei. Die anderen waren klug, denn sie haben vorgesorgt und daher ging ihnen das Licht nicht aus.
Und da sitzen sie nun und warten auf den Bräutigam. Er kommt und kommt nicht… und sie schlafen ein.

Es war Sitte zur Zeit Jesu, dass man Hochzeiten im großen Stil feierte: Tagelang ging es heiß her- und davor gab es lange Vorbereitungen. Irgendwann – der Zeitpunkt war nicht ganz klar – war dann der Bräutigam fertig und er kam zur Braut, die gemeinsam mit den anderen Jungfrauen wartete.

Eine wichtige Rolle nahmen die Freunde des Bräutigams ein: Ihre Aufgabe war es, vor dem zukünftigen Ehemann herzulaufen und mit möglichst viel Lärm und Geschrei auf das Kommen des Erwarteten aufmerksam zu machen…

Das Warten konnte einige Zeit in Anspruch nehmen – die Rolle der Jungfrauen stelle ich mir nicht ganz so prickelnd vor. Sie saßen da und warteten und warteten.
Wenn dann aber der Krach und das Rufen der Freunde des Bräutigams erschallte, dann sprangen sie auf, denn das Fest ging los.

Jesus erzählte dieses Gleichnis eigentlich, um uns daran zu erinnern, dass es uns nicht ergehen sollte wie den törichten Jungfrauen.
Wir sollen nicht unvorbereitet sein – auch wenn wir die Ankunftszeit nicht kennen. Unvorbereitet waren einige der Jungfrauen, weil ihnen das Öl ausgegangen ist.

Es gibt in diesem Bild der Hochzeitsvorbereitungen aber noch eine zweite Möglichkeit, unvorbereitet zu sein: Über die möchte ich heute sprechen: Wenn man nämlich schläft und gar nicht hört, dass der Bräutigam kommt!

Zu diesem Zwecke mahnt uns der Text dieses Liedes:

Wacht auf – seid bereit!
Der Bräutigam kommt!
Wacht auf alle, die ihr auf Jesu Kommen wartet!

Es gibt ein Fest – wir haben es gerade in der zweiten Strophe gesungen: Da ist von einem Freudensaal die Rede und vom Abendmahl, das mit dem Bräutigam gefeiert wird.

Macht Euch bereit zu der Hochzeit!
Ihr mĂĽsset ihm entgegen gehen!

Stellen Sie sich einmal vor: Wir würden dieses Fest verpassen! Zum Beispiel, weil wir verschlafen. Oder weil wir mit etwas anderem beschäftigt sind…

Stellen Sie sich vor, dass jemand vor lauter vorweihnachtlichem Stress, Weihnachtsfeiern, Geschenkekaufen, GlĂĽhweintrinken, Besuchen, Backen und Vorbereiten das eigentlich Wichtige verpassen wĂĽrde….   Der Bräutigam kommt!!!

Da passiert das Wesentliche direkt vor unseren Augen, aber wir verpassen es, weil wir zu beschäftigt sind.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Vielleicht kann sich ja der eine oder die andere in solch einer Situation wiederfinden….
Wie gut, dass es da jemanden gibt, der uns zuruft:

Wacht auf – lasst Euch aufrütteln!
Der Freund des Bräutigams kommt und ruft uns zu:
Macht Euch bereit!

Mit allen Sinnen – so lautet die Botschaft der Adventszeit in diesem Jahr in unserer Seelsorgeeinheit.

Heute geht es um das Hören.

Beim Hören geht es in erster Linie darum, bereit zu sein für das, was kommt!
Wie leicht kann es gehen, dass man weghört, überhört, nicht hinhört…
Die Kommunikationswissenschaftler können uns ein Lied davon singen: Ein hoher Prozentsatz der zwischenmenschlichen Probleme kommt daher, dass man aneinander vorbeiredet oder gar nicht erst zuhört…

Vor einigen Tagen habe ich einigen Leuten die Frage gestellt: Darf Gott überhaupt reden? Darf Gott uns stören?
Einige haben gleich ganz bestimmt geantwortet: NatĂĽrlich!
Einer wurde ganz still und sagte: Eigentlich schon – aber manchmal ist es dann doch so, dass ich Angst habe, das er was zu sagen hat, das ich gar nicht hören möchte…

Wir reden heutzutage immer davon, dass wir uns im Advent besinnen wollen und uns einstimmen lassen wollen auf das Fest, das vor der TĂĽre steht.
Und doch erzählen dann viele, dass sie voll unter Stress stehen, dass der Teufel los sei (eigentlich kein wirklich weihnachtlicher Gedanke, oder?) oder dass alles viel zu hektisch läuft im Vorweihnachtstrubel…

Darf Gott mich – dürfen andere Menschen mich stören in meiner Vorweihnachts-Stress-Zeit?

Einer der Gründe, warum viele verlernt haben, im Alltag, mitten im Leben auf die Stimme Gottes zu hören ist der, dass es uns modernen Menschen viel zu sehr gefällt, unseren eigenen Willen zu tun und zu leben…

Neben dem Zuhören gehört zum Hören nämlich noch ein Zweites: Gehorchen…
Bei diesem Wort haben wir in der westlichen Welt meist negative Empfindungen… Oft wird „Gehorchen“ mit Unterwürfigkeit und Unmündigkeit verbunden.
Im ursprünglichen Sinn gehören „Gehorchen“ und „Gehören“ zusammen: Ich gehöre dem, dem ich gehorche. Also, auf den ich höre…

Worauf ich hinaus will ist folgendes:

Je weiter wir uns weg entfernen von Gott, desto deutlicher leben wir nach dem Motto: Ich bin mein eigener Herr!
Je mehr wir nach unserer eigenen Pfeife tanzen – oder nach der eines anderen Menschen, desto mehr verlernen wir, Gottes Stimme in unserem Leben den Stellenwert zu geben, der ihr gebührt…
Und so kann es passieren, dass uns diese Stimme fremd wird, nicht alltäglich und ungewohnt.

In einer ähnlichen Situation findet die Geschichte statt, die wir heute in der Lesung hörten:

Da heißt es – fast schon entschuldigend – in den ersten Versen: „Worte des Herrn und Visionen waren selten in jenen Tagen…“
Ich persönlich glaube nicht, dass es Zeiten gibt, in denen Gott nicht redet! Er ist ein Gott, der Beziehung zu den Menschen sucht! Der sich mitteilen möchte. Sein ganzes Wesen ist darauf ausgerichtet, seine Liebe mit zu teilen. Und so erleben ihn viele.

Sehr wohl passiert es allerdings, dass Worte des Herrn und Visionen selten werden, weil wir Menschen verlernen, auf seine Stimme zu hören und sie somit gar nicht mehr wahrnehmen…
Auch Eli und Samuel hatten erst mal keine Ahnung, was da mit ihnen passierte…
Sie waren – wie die zehn Jungfrauen unvorbereitet.
Doch diesmal waren es nicht die Freunde des Bräutigams, die ihre Stimme erhoben haben, sondern Gott selbst.

Samuel – Gott ruft ihn beim Namen.
Er spricht ihn ganz persönlich an!
Keine Verwechslung – kein Zufall – kein Irrtum.
Gott meint Samuel – und hat ihm was zu sagen!
Der Herr spricht Samuel mit Namen an – und meint ihn damit ganz persönlich.

Samuel bekommt einen Auftrag – er soll Gottes Stimme sein und er wird zu einem der bedeutendsten Propheten in der Geschichte des Volkes Israel.
Samuel wurde zu solch einer Person, die den anderen zurief:
„Seid wachsam – wacht auf! Macht Euch bereit!“
Zu was genau, das hing immer von der jeweiligen Situation ab.

Grundlegend war jedoch, dass Samuel bereit war, auf diese Stimme Gottes zuhören.
Dass er bereit war, sich stören zu lassen in seinem alltäglichen Leben – bzw. in seinem Schlaf.
Er hatte das Herz und die Ohren eines Menschen, der weiĂź, dass nicht er der Herr seines Lebens ist, sondern ein anderer:
Der, der über ihm steht, größer als alles und jeder andere.
„Rede Herr, Dein Diener hört“ – antwortete er.
Er war bereit zu hören und zu gehorchen – weil er wusste, zu wem er gehört.

Gott selbst ist es, und niemand anderes – auch nicht mein eigenes Ego, das immer wieder aufbegehrt und mitbestimmen möchte – der das letzte Wort haben soll!
Egal ob sie Samuel heißen oder Jeremia – oder ob sie einen modernen Namen tragen:
Immer wieder ruft Gott Menschen, diese Stimme zu sein, die in diese Welt hineinruft:
Wacht auf – seid bereit! Schlaft nicht, geht nicht unter im Stress! Schaut auf den, der kommt! Bald ist er da – der Immanuel. Lasst ihn lebendig werden in Eurem Leben!

Die Frage ist nicht, ob Gott (oder einer in seinem Namen) spricht – die Frage ist eher: bin ich bereit, mich stören zu lassen wenn er ruft? Bin ich wirklich bereit zu hören?

© Ch. Hemberger  2010

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.