Katholische Seelsorgeeinheit Ravensburg West

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2. Advent: "Schmecken"

Lesung: Ex 16, 2-12

Die ganze Gemeinde der Israeliten murrte in der Wüste gegen Mose und Aaron.
Die Israeliten sagten zu ihnen: Wären wir doch in Ägypten durch die Hand des Herrn gestorben, als wir an den Fleischtöpfen saßen und Brot genug zu essen hatten. Ihr habt uns nur deshalb in diese Wüste geführt, um alle, die hier versammelt sind, an Hunger sterben zu lassen.
Da sprach der Herr zu Mose: Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Das Volk soll hinausgehen, um seinen täglichen Bedarf zu sammeln. Ich will es prüfen, ob es nach meiner Weisung lebt oder nicht.
Wenn sie am sechsten Tag feststellen, was sie zusammengebracht haben, wird es doppelt so viel sein, wie sie sonst täglich gesammelt haben.
Da sagten Mose und Aaron zu allen Israeliten: Heute Abend sollt ihr erfahren, dass der Herr euch aus Ägypten geführt hat, und morgen werdet ihr die Herrlichkeit des Herrn schauen; denn er hat euer Murren gegen ihn gehört. Aber wer sind schon wir, dass ihr gegen uns murrt?
Weiter sagte Mose: Wenn der Herr euch heute Abend Fleisch zu essen gibt und euch am Morgen mit Brot sättigt, wenn er also euer Murren hört, mit dem ihr ihn bedrängt, was sind wir dann? Nicht uns galt euer Murren, sondern dem Herrn.
Dann sagte Mose zu Aaron: Sag der ganzen Gemeinde der Israeliten: Tretet hin vor den Herrn; denn er hat euer Murren gehört.
Während Aaron zur ganzen Gemeinde der Israeliten sprach, wandten sie sich zur Wüste hin. Da erschien plötzlich in der Wolke die Herrlichkeit des Herrn.
Der Herr sprach zu Mose: Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sag ihnen: Am Abend werdet ihr Fleisch zu essen haben, am Morgen werdet ihr satt sein von Brot und ihr werdet erkennen, dass ich der Herr, euer Gott, bin.
Am Abend kamen die Wachteln und bedeckten das Lager. Am Morgen lag eine Schicht von Tau rings um das Lager. Als sich die Tauschicht gehoben hatte, lag auf dem Wüstenboden etwas Feines, Knuspriges, fein wie Reif, auf der Erde. Als das die Israeliten sahen, sagten sie zueinander: Was ist das? Denn sie wussten nicht, was es war. Da sagte Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der Herr euch zu essen gibt. (Einheitsübersetzung)

 

Evangelium: Johannes 6, 1-14

Danach ging Jesus an das andere Ufer des Sees von Galiläa, der auch See von Tiberias heißt.
Eine große Menschenmenge folgte ihm, weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat.
Jesus stieg auf den Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder.
Das Pascha, das Fest der Juden, war nahe.
Als Jesus aufblickte und sah, dass so viele Menschen zu ihm kamen, fragte er Philippus: Wo sollen wir Brot kaufen, damit diese Leute zu essen haben?
Das sagte er aber nur, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er selbst wusste, was er tun wollte.
Philippus antwortete ihm: Brot für zweihundert Denare reicht nicht aus, wenn jeder von ihnen auch nur ein kleines Stück bekommen soll.
Einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm:
Hier ist ein kleiner Junge, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; doch was ist das für so viele!
Jesus sagte: Lasst die Leute sich setzen! Es gab dort nämlich viel Gras. Da setzten sie sich; es waren etwa fünftausend Männer.
Dann nahm Jesus die Brote, sprach das Dankgebet und teilte an die Leute aus, so viel sie wollten; ebenso machte er es mit den Fischen.
Als die Menge satt war, sagte er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrig gebliebenen Brotstücke, damit nichts verdirbt.
Sie sammelten und füllten zwölf Körbe mit den Stücken, die von den fünf Gerstenbroten nach dem Essen übrig waren.
Als die Menschen das Zeichen sahen, das er getan hatte, sagten sie: Das ist wirklich der Prophet, der in die Welt kommen soll.(Einheitsübersetzung)

Predigt:

Liebe Gemeinde!

Frische Rehkeule – über Nacht in Buttermilch eingelegt – im Backofen mit Zwiebeln, Knoblauch, Karotten und im Rotwein gegart – und dann mit frischer Sahne und vielerlei Gewürzen abgeschmeckt!
Dazu: Selber gemachte schwäbische Spätzle und eine angedünstete geschälte Birne mit Preiselbeeren!!

Ich kann mich an keinen einzigen Neujahrstag in meinem Leben erinnern, an dem ich nicht von meiner Mutter mit diesem feinen Essen verwöhnt worden bin.
Wir haben mit meinen Eltern das neue Jahr immer so miteinander angefangen. Und meine Mutter lässt es sich bis heute nicht nehmen, dass sie mit ihren über 80 Jahren uns dieses Neujahrsessen schenkt.
Ich erinnere mich, dass ich schon als Kind gespürt habe: Wenn wir so – als Familie – Neujahr feiern, dann geht es um mehr als nur ums Essen.

Meine Mutter ist bis heute eine wunderbare Köchin, aber das ganz andere Glänzen in den Augen meiner Eltern und dazu ihr Gesichtsausdruck haben mich seit meiner Kindheit ahnen lassen: Wir freuen uns am leckeren Essen, aber wir feiern gleichzeitig auch unser Leben, ein weiteres gemeinsames Jahr - auch als Geschenk von unserem Gott!

Und ich spüre bis heute - immer an Neujahr - eine große Dankbarkeit, dass ich in dieser Familie groß geworden bin:
Und das Essen schmeckt nach Geborgenheit, nach Immer-Heim-kommen-Können und nach Geliebtsein!
Manchmal schmeckt Essen nach mehr – auch im Evangelium am heutigen Sonntag:

Menschen werden satt – und wie??!!

Johannes erzählt uns davon, wie wunder-voll es wohl gewesen ist, als die Menschen damals mit Jesus gegessen haben.
Alle 4 Evangelien in unserer Bibel kennen die Geschichte von den Broten und den Fischen – aber nur im Johannes-Evangelium ist es ein kleiner Junge, der mit seinem Korb voller Brote und Fische Jesus dabei hilft, die Menschen satt zu machen.
Die Bibelwissenschaft heute geht davon aus, dass dieser Evangeliumstext in eine Reihe anderer Wundererzählungen in der Bibel eingereiht werden kann. „Wunderbares Geschenk“ nennen die Bibelfachleute diese Textart  â€“ eine eigene literarische Gattung in der Bibel, zu der auch andere Speisungswunder gehören.

Sie alle haben den gleichen Textaufbau:

Am Anfang der Erzählung steht immer die Not der Menschen: Sie haben Hunger! Dann tritt der Wundertäter auf und spricht mit Gott. Und dann geschieht das Wunder: Die Menschen werden satt und schmecken, was Fülle des Lebens bei Gott bedeutet. Und auch das Ende dieser Erzählungen ist immer gleich: Die Umstehenden sind erstaunt oder fassungslos.

Auch in der Lesung am heutigen Sonntag aus dem Buch Exodus wird ein solches Wunder erzählt. Und in dieser biblischen Erzählung ist es Mose, der die hungernden Israeliten beim Auszug aus Ägypten schmecken lässt, wie das ist, wenn Gott Brot vom Himmel schenkt.

Dabei ist es den Verfassern solcher Wundererzählungen in der Bibel nicht wichtig, dass sie die Einzelheiten eines solchen Wunders genau schildern.

Wichtig ist, dass Mose es schafft, das verzweifelte Volk Israel in der Wüste wieder zum Leben zu bringen. Entscheidend ist, dass die Menschen zu allen Zeiten die Erfahrung machen: Wir glauben an einen Gott, der uns das Leben im Übermaß schenkt.

Und unser Evangelist Johannes verkündet Jesus heute als einen Menschen, der in der Tradition dieser alttestamentlichen Propheten und des Mose steht.

Jesus schenkt den Menschen in seiner Nähe –  auf ganz wunder-volle – Weise diese Erfahrung, dass Gott unseren Hunger stillt – auch den Hunger nach  Heil-Werden und nach Mensch-Werden!
Mit Jesus von Nazareth bekommt der göttliche Überfluss an Liebe ein Gesicht in unserer Welt.

Die Erzählung von der Brotvermehrung im heutigen Evangelium lässt uns ahnen, wie der Himmel schmeckt!

Wenn wir Jesus in der Bibel erleben, dann ist das ein Vor-Geschmack auf diese Wirklichkeit, die wir „Gott“ nennen oder  „Himmel“.  

Das ist das eigentliche Wunder im heutigen Evangelium:
Die Menschen schmecken den Himmel
in der Begegnung mit Jesus.

Sie bekommen eine Kost-Probe der göttlichen Fülle, die uns Menschen im Himmel erwartet – oder schwäbisch: a Versucherle!

Beim Brot- und beim Fisch-Essen und in der Begegnung mit Jesus erfahren die Menschen damals, dass ihr Hunger nach erfülltem Leben und nach geglücktem Menschsein letztendlich nur Gott stillen kann.

Und sie erleben dabei das Wunder ihrer eigenen Wandlung:
Sie richten ihren Blick nicht länger auf ihre eigene Armseligkeit und Bedürftigkeit, sondern ändern ihre innere Haltung und blicken – mit Jesus – im Gebet dankbar auf zum Himmel.

Sie wenden sich plötzlich voll Vertrauen um – mit Jesus – und hin zu unserem Gott zu. Und dann werden sie satt.

Aber nicht nur ihr Magen wird dann voll – sondern viel mehr noch ihr Herz!

Mensch-Werdung ist das! Endlich und wirklich Mensch werden und spüren, wem wir unser Leben verdanken.

Dieses Essen mit den Broten und den Fischen schmeckt nach Gemeinschaft, nach Geborgenheit, nach unmäßiger göttlicher Liebe.

Jesus bringt uns alle im heutigen Evangelium auf die Idee, dass

Gott uns schon in dieser Welt den Tisch deckt. Seine göttliche Nähe ist da – diese wunder-volle Energie, dieses göttliche Kraftfeld.

Jesus hat sie zu seinen Lebzeiten mit dem Brot und mit dem Fisch an die Menschen ausgeteilt. Und die Kinder und Jugendlichen, die Männer und Frauen damals haben bei diesem Essen erlebt:

         „So schmeckt der Himmel!“

Sie  haben ihn also vor-kosten dürfen – den Himmel: die Menschen zur Zeit Jesu!
Und sie haben hautnah die Erfahrung gemacht, dass ihr Leben nach mehr schmeckt:

Weil sie Jesus begegnet sind, weil sie ihm zuhören konnten, weil sie erlebt haben, wie er mit Gott spricht, weil sie miterlebt haben, dass diese göttliche Kraft tatsächlich bewirken kann, dass Menschen heil werden und dass sich ihr körperlicher und ihr seelischer Gesundheitszustand in der Nähe dieses Mannes aus Nazareth verändert.

Und sie sind staunend daneben gestanden, wie er mit seinen Worten, mit seinen Augen und mit seinen Händen diese göttlichen Energieströme an andere Menschen überfließen lassen konnte.

Da haben wirs als Christen heute nicht mehr so einfach. Wir erleben Jesus eben nicht mehr hautnah als Mensch in unserer Welt.

„So schmeckt der Himmel!“ –

wie können wir Menschen heute dann noch eine solche Erfahrung machen?

Vielleicht kann ja der kleine Junge mit seinem Korb voller Brote und Fische kann uns dabei begleiten, wenn wir als Christen heute nach Spuren von Gott und nach Spuren dieser göttlichen Energie suchen.

Und dieser Junge hat die Erfahrung gemacht:
Beim Miteinander-Essen sind wir von dieser macht-vollen, göttlichen Energie umgeben,  und dann schmecken auch wir den Himmel.

Vielleicht gelingt es Ihnen, mit dem kleinen Jungen an Ihrer Seite darauf zu vertrauen, dass auch dann, wenn Sie essen -  und mitten in  Ihren Körben und Kochtöpfen  - die Kraft unsres Gottes spürbar wird.

Je älter ich werde, um so mehr ahne ich, dass wir Menschen immer umgeben sind von dieser sattmachenden und heilmachenden göttlichen Energie, die wir Christen auch „Heiliger Geist“ nennen.

Und diese göttliche Geist-Kraft ist für mich immer dann  besonders spürbar, wenn Menschen in meiner Nähe diese göttliche Kraft ausstrahlen: mit ihren Augen oder während sie sprechen oder mit ihren Händen, wenn sie mich berühren und heilen.

Der kleine Junge macht uns Mut, daran zu glauben, dass auch  heute noch Männer und Frauen, Kinder und Jugendliche satt und heil und gesund werden: Berührt von unserem Gott!

Und in solchen heiligen Augenblicken geschieht auch heute noch dieses Wunder, dass wir Menschen wirklich zu uns selber kommen, dass wir wirklich Mensch werden und genau so unserem Gott begegnen.

Liebe Gemeinde,

möge der kleine Junge mit seinem Korb Sie begleiten, wenn Sie in Ihrem Leben „den Himmel schmecken“  möchten.

Geschmack finden am Leben mit Gott –

wie das in Ihrem ganz persönlichen Leben gelingt, dass können nur Sie selber entdecken!

„Den Himmel schmecken“ – das können Sie vielleicht tatsächlich bei einem besonderen Essen mit lieben Menschen. Und es muß nicht immer Rehkeule sein…..

Geschmack finden am Leben mit Gott, das können Sie genau so, wenn Sie ganz still sind: vor einer Kerze oder an einem einsamen Ort - irgendwo in der Natur - oder wenn Sie in einem tiefgründigen Gespräch nach der Wahrheit über Gott suchen.

Und wenn wir als christliche Gemeinde immer am Sonntag in Erinnerung an diesen geist-vollen Mann aus Nazareth miteinander das Brot brechen, dann feiern wir immer wieder neu dieses Wunder unserer eigenen Wandlung:  Wir sehen Brot und Wein und ahnen, wie der Himmel schmeckt, so wie ihn Jesus verkündet hat.

 â€žSo schmeckt der Himmel!“ –

damit Ihnen der kleine Junge und seine Erfahrung mit Jesus noch mehr in Erinnerung bleibt, werden Ihnen jetzt gleich die Ministrantinnen und Ministranten ganz wenig Brot und noch weniger Fisch anbieten. Sie dürfen gerne ein kleines Brotstück essen.

Ich wünsche Ihnen allen, dass Sie  irgendwann und irgendwie diese Erfahrung machen, wie der Himmel schmeckt.

Und jetzt lade ich Sie ein: „Taste and see….“ –
Kommt und esst und schmeckt – und genießt ein klein wenig wie der Himmel ist!

Amen.

© A. Böhm 2010

 

HIER finden Sie die Predigt im pdf-Format.